11.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 163 / Zusatzpunkt 20

Ria SchröderFDP - Bildungsgerechtigkeit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute in der Kernzeitdebatte, in der Primetime des Deutschen Bundestages, über Bildungschancen, und das zu Recht. Denn in diesem Sommer geht das größte Bildungsprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland an den Start.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mehr als 1 Million Schülerinnen und Schüler werden Teil des Programms an 4 000 Schulen, und zwar zielgerichtet an den Schulen mit den größten Herausforderungen, wo die Kombination aus Armut, wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und geringen Sprachkenntnissen dazu führt, dass junge Menschen nicht die Unterstützung erhalten, die sie verdienen, um ihre Talente zu entfalten. Der Bund und die 16 Länder vollziehen gemeinsam einen Paradigmenwechsel. Mit dem Startchancen-Programm werden in den nächsten zehn Jahren 20 Milliarden Euro investiert. Das ist eine Kampfansage an den Bildungsnotstand.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war kein leichter Weg.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Nee!)

Das hört sich jetzt vielleicht einfach an; aber wir leben in Deutschland in einem Land, in dem der Bildungsföderalismus dafür sorgt, dass wir in 16 unterschiedlichen Bundesländern 16 Bildungssysteme haben. 16 unterschiedliche Landesregierungen haben ihre jeweiligen parteipolitischen Vorstellungen davon, wie das Bildungssystem laufen soll, und das Grundgesetz gibt dem Bund nur wirklich sehr, sehr eingeschränkt überhaupt die Möglichkeit, im Bildungssystem zu agieren und dort irgendetwas an den Start zu bringen. Insofern war das nicht einfach.

Wir haben es trotzdem geschafft – trotz unterschiedlicher Sichtweisen, manchmal auch Eitelkeiten, manchmal auch ein bisschen Parteipolitik –, das zu überwinden. Die Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen ist nicht nur ein Gebot, sondern sie wird immer mehr zur Realität, und das ist gut.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich dafür insbesondere bei der Ministerin, beim Parlamentarischen Staatssekretär Brandenburg, bei der Staatssekretärin und auch bei den zuständigen Referaten im BMBF ganz herzlich bedanken. Was wir als FDP in der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vor einigen Jahren mit den Talentschulen begonnen haben, wollten wir gemeinsam in der Ampelkoalition bundesweit durchsetzen, obwohl wir wussten: Das wird schwieriger, als einfach etwas in einem Land auf den Weg zu bringen. Sie haben sich nicht entmutigen lassen, sondern sich immer wieder mit den 16 Kultusministerinnen und -ministern hingesetzt und das Programm zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Das ist eine echte Leistung.

Das sage ich auch, weil es hier manche gibt, die die Ministerin immer wieder persönlich angreifen. Ich finde, das ist ungerechtfertigt. Bettina Stark-Watzinger ist eine Ministerin der Chancen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Der verpassten Chancen!)

Ich will auf drei Punkte aus dem Startchancen-Programm gesondert eingehen:

Das Erste ist die Abkehr vom Königsteiner Schlüssel. Dieser Schlüssel hat bisher für die Verteilung von Bundesmitteln auf die Länder gesorgt, und ich will mal plastisch machen, was das bedeutet hat, und zwar am DigitalPakt Schule.

Pro Schüler standen in Bayern 910 Euro zur Verfügung, in Bremen – raten Sie mal! – 224 Euro. Daran wird schon deutlich, dass dieser Schlüssel augenscheinlich nicht geeignet ist, um wirklich gleiche Bildungschancen zu ermöglichen. Er ist augenscheinlich völlig ungeeignet, um zielgerichtet gegen Bildungsbenachteiligung vorzugehen. Wir ändern das mit dem Startchancen-Programm. Die Mittel werden in Zukunft nach Sozialindizes verteilt. Manche Länder haben das bereits, andere haben das jetzt eingeführt, zum Beispiel in Brandenburg.

Das zeigt doch, meine Damen und Herren: Das Startchancen-Programm wirkt schon, bevor es überhaupt in Kraft ist. Wir machen Schluss mit der Gießkanne; wir fördern zielgerichtet.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Wir stärken die Schulautonomie, die Eigenverantwortung vor Ort und damit die Schulleitungen und Lehrkräfte. Denn sie kennen die Kinder und Jugendlichen, ihre Eltern, ihr Umfeld und die Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen haben. Das ist auch ein Vertrauensbeweis, eine Anerkennung für diejenigen Menschen, die jeden Tag an vorderster Front die Bildungschancen in unserem Land verteidigen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Chancenbudget lösen wir das enge Korsett, unter dem viele leiden, das viele spüren, und wir ermöglichen Freiheit für die bestmögliche Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Drittens. Wissenschaftliche Begleitung und Evaluation. Das klingt vielleicht erst mal technisch, aber das ist schon bei der Erarbeitung des Programms genutzt worden. Das ist neu in der Bildungspolitik; denn bisher wurde viel gemacht, ohne genau zu wissen: Was bringt das eigentlich? Wir überprüfen jetzt die Maßnahmen, die eingeleitet werden, auf ihre Wirksamkeit.

Das Startchancen-Programm setzt sich auch ein ambitioniertes Ziel. Wir haben in PISA gesehen: Ein Viertel der Viertklässlerinnen und Viertklässler erreicht nicht die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen. Mit dem Startchancen-Programm wollen wir diese Zahl halbieren. Das ist ambitioniert, aber ich finde, in der Frage Bildungschancen ist dieser Mut genau an der richtigen Stelle; denn es geht um die Lebenschancen von jungen Menschen. Wir sind hier auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Manchmal wurde mokiert, dass nur so wenige Schulen – ich finde, 4 000 Schulen sind eine ganze Menge – von dem Programm profitieren. Die Wirksamkeitsmessung ist auch deswegen wichtig, weil von den Erkenntnissen, die dadurch erlangt werden, alle Schulen in Deutschland profitieren können. Das gibt Impulse für die gesamte Bildungslandschaft. Wenn in Deutschland aus Brennpunkten Leuchttürme werden, dann ist das ein Aufbruchssignal für die gesamte Bildungsrepublik.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nicht Bayern und Bremen stehen miteinander im Wettbewerb, nicht Hamburg und Hessen, sondern Deutschland mit China und den USA. Bildungs- und Aufstiegschancen sowie wirtschaftliche Chancen gehören untrennbar zusammen.

Wir Freien Demokraten sind der Überzeugung: Bildung ist das beste Mittel, um selbstbestimmt durchs Leben zu gehen und um Armut zu vermeiden. Deswegen sichern wir die Chancen von Kindern und Jugendlichen mit dem Startchancen-Programm – das ist sozusagen eine Kinderchancensicherung –, und wir entkoppeln damit endlich den Bildungserfolg vom Elternhaus.

Meine Damen und Herren, ich kann es kaum erwarten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Nadine Schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609545
Wahlperiode 20
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Bildungsgerechtigkeit
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