25.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 166 / Zusatzpunkt 6

Gyde JensenFDP - Aktuelle Stunde: Russland, China und die AfD

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Unser Land ist – das hat der Kollege Konstantin Kuhle auch angesprochen – seit dem Kalten Krieg und auch schon davor Schwerpunktziel für ausländische Geheimdienste. Spionage ist nichts, was niemals nie mehr existieren wird. Man muss bei diesem Thema natürlich vor allen Dingen Russland und China nennen. Was wir aber in jüngster Zeit erleben mussten, das zeigt, mit welcher neuen Qualität sich unsere Sicherheitsbehörden und auch unsere unabhängige Justiz konfrontiert sehen: Abhöraktionen, Sabotagepläne, Spähversuche und in immer noch größerem Maße Wirtschaftsspionage. Hinzu kommt die systematische Unterwanderung unseres Wissenschaftsstandortes und nicht zuletzt unseres freiheitlichen, demokratischen, parlamentarischen Systems.

Die Fälle der letzten Tage – Bad Homburg, Bayreuth, Dresden – konnten dank einer funktionierenden Spionageabwehr vereitelt werden. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden, die tagtäglich im Dienst unserer Sicherheit arbeiten, gehört auch in dieser Debatte Anerkennung und Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man muss sagen: Einen turbulenteren und zugleich auch erfolgreicheren Start hätte auch Generalbundesanwalt Jens Rommel wahrlich kaum erleben können.

Die Fälle zeigen aber auch, wie unverzichtbar die Arbeit der Menschen beim Bundesnachrichtendienst, beim Militärischen Abschirmdienst und insbesondere beim Bundesamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz ist. Denn die Autokraten dieser Welt suchen sich die besten Kontakte zu den Feinden unserer demokratischen Gesellschaft auch in unserer Gesellschaft; und das ist immer wieder die AfD.

(Stephan Brandner [AfD]: Die FDP, hat Herr Nouripour gesagt! Da müssen Sie sich schon mal festlegen! – Gegenruf des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe mich entschuldigt! – Weitere Gegenrufe der Abg. Katja Mast [SPD] und Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein mutmaßlich mit Geld raschelnder Kollege vom rechten Rand dieses Hauses war ja eigentlich nur der beschämende Auftakt eines Bildes hinter den Kulissen dieser selbsternannten Patrioten, die so gerne „Volksverräter!“ rufen, aber anscheinend für Geld aus den dunkelsten Ecken ihr Land verraten, und zwar sofort und ohne mit der Wimper zu zucken.

(Beifall bei der FDP)

Die AfD-Kolleginnen und -Kollegen, die hier in diesem Hause sitzen, sie sind keine Volksvertreter. Sie scheinen käufliche Marionetten zu sein.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Mike Moncsek [AfD]: Wir sind Volkspolitiker! Das ist so weit weg von euch! – Weiterer Zuruf von der AfD: Klar, dass euch das nicht klar ist!)

Maximilian Krah ist AfD-Europaabgeordneter und Spitzenkandidat zur Europawahl im Juni, und sein Mitarbeiter – die Untersuchungen dazu laufen ja – soll als Spion für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben, für den Geheimdienst dieses Landes,

(Stephan Brandner [AfD]: Ganz schön viele Konjunktive, die Sie da nutzen! Hätte, würde, sollte, könnte! – Gegenruf des Abg. Manuel Höferlin [FDP]: Versuchen Sie es mal mit Anstand, Herr Kollege, auf ganz niedrigem Niveau! – Weiterer Gegenruf der Abg. Katja Mast [SPD])

das Menschen in Konzentrationslagern hält, weil sie nicht ins kommunistische System passen, für den Geheimdienst eines Landes, das mit anderen Autokratien und Diktaturen in dieser Welt gemeinsame Sache gegen Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit macht.

Dieser Vorfall scheint kein spektakulärer Einzelfall zu sein – der Kollege von Notz, der wahrscheinlich gerade abstimmen ist,

(Stephan Brandner [AfD]: Er ist geflüchtet!)

hat ja auch aus den Interviews zitiert –, insbesondere dann, wenn Partei- und Fraktionsführung seit Jahren von möglicherweise bestehenden Verbindungen von Dresden/Pirna nach Peking gewusst und diese ignoriert haben. „ Schämen Sie sich!“, kann man da eigentlich nur sagen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Während Russland nach Einschätzung von Geheimdienstexperten jegliches Maß bei seinen Aktivitäten verloren hat und sich mittlerweile quer durch den europäischen Kontinent mordet, hat China ganz andere Ziele.

(Zuruf von der AfD: Der Ministerpräsident fährt nach China!)

Dort steht im Fokus das Umfeld von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Und die Fälle von chinesischer Spionage gegenüber westlichen Unternehmen nehmen seit Jahren zu.

(Stephan Brandner [AfD]: Der Kanzler war doch öfter in China! – Gegenruf von der SPD: Ruhe!)

Es mag Ihnen als AfD vollkommen egal sein, was anständige Menschen von Ihnen halten. Aber den gigantischen Schaden, der durch Spionage unserem Land entsteht, der unseren Unternehmen entsteht, der Arbeitsplätze kostet, verursachen nicht zuletzt Sie mit solchen Aktionen; und das nehmen Sie billigend in Kauf.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit das hier mal angesprochen wird, möchte ich ein paar Zahlen nennen; denn der deutschen Wirtschaft ist alleine im Jahr 2022 aufgrund von Spionage ein jährlicher Schaden von 203 Milliarden Euro entstanden; 2017 waren es noch 55 Milliarden Euro.

(Stephan Brandner [AfD]: Da lag die Verantwortung noch woanders!)

China fokussiert sich vor allem auf die Bereiche Meerestechnik, Schifffahrt, Robotik, Chemie, Optik; Halbleiter schauen sie sich ganz genau an, in der Luft- und Raumfahrttechnik ebenso wie beim Quantencomputing.

(Mike Moncsek [AfD]: Aber die haben eine eigene Raumstation! Da müssen sie hier spionieren? Das ist Logik!)

All das sind Branchen, in denen die Volksrepublik entweder einen Rückstand hat oder den systemischen Rivalen dominieren will.

Im aktuellen Fall des verhafteten Ehepaares F., über den wir heute auch schon gesprochen haben, sieht man, wie Firmenkonstrukte ganz mutmaßlich dazu benutzt werden – auch da laufen die Vernehmungen und die Untersuchungen –, um Zugang zu deutschen Hochschulen und dem wertvollen Wissenschaftstransfer zu erlangen. Durch die Erstellung einer Studie zum Stand der Technik von Maschinenteilen für den Betrieb leistungsstarker Motoren in Kampfschiffen und den unerlaubten Export eines Speziallasers sollen chinesische Dienste im ganz konkreten Fall direkten Zugang zu deutschem Spitzentechnologie-Know-how erlangt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Umgang mit chinesischen Geisteswissenschaftlern an Hochschulen und an Forschungseinrichtungen muss gastfreundlich, wissenschaftsorientiert und professionell sein, keineswegs aber leichtsinnig.

Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die verfassungsrechtliche Freiheit der Wissenschaft und der Lehre möchte ich hier in der Debatte überhaupt nicht infrage stellen. Ich möchte aber gerne zum Schluss eine Botschaft an die Bundesländer senden: Bitte sorgen Sie dafür, dass Hochschullehre nicht von Naivität geprägt ist!

Frau Kollegin!

Bitte sorgen Sie dafür, dass die Chinesinnen und Chinesen hier nicht unser Wissen, das wir freiheitlich erlangen, nutzen können.

Frau Kollegin!

Wenn wir in diesem Haus vom Volk gewählte Vertreter haben, die hier sitzen und sich treudoof, ohne mit der Wimper zu zucken, –

(Zuruf von der AfD)

Frau Kollegin, das geht nicht!

– zum nützlichen Idioten von Autokraten machen, dann müssen wir –

(Zurufe von der AfD: Setzen!)

Frau Kollegin, ich muss Ihnen sonst das Mikrofon abstellen.

– das hier bei jeder Gelegenheit ansprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte darauf hinweisen, dass nach dem nächsten Redner die Wahlurnen geschlossen werden. Wer noch nicht Gelegenheit zu wählen hatte, der bzw. die sollte sich jetzt dort hinbegeben. – Vielen Dank.

Jetzt hat Philipp Amthor das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7610533
Wahlperiode 20
Sitzung 166
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Russland, China und die AfD
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