Lina SeitzlSPD - Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Studierenden! Mit der heutigen Debatte bringen wir das dritte Änderungsgesetz zum BAföG, das wir in dieser Legislaturperiode beraten, endlich ein. Ich bin darauf, muss ich ehrlich sagen, stolz. Wir zeigen damit, welchen Stellenwert Bildungsgerechtigkeit und studierende junge Menschen in Ausbildung für uns haben und dass wir in der Koalition nicht müde sind, uns für diese Menschen einzusetzen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir haben uns zu Beginn der Legislatur ja vorgenommen, den Abwärtstrend im BAföG – er wurde mit Bundeskanzler Helmut Kohl gestartet; das wurde angesprochen – zu stoppen und wieder mehr junge Menschen im Studium zu fördern. Wir haben die Altersgrenzen und die Elternfreibeträge deutlich ausgeweitet. Wir haben die Bedarfssätze und die Wohnkostenpauschale angehoben. Wir haben das BAföG digitaler gemacht. Wir haben Altschuldnerinnen und Altschuldner spürbar entlastet. Wir haben aus der Coronapandemie gelernt und einen Nothilfemechanismus im BAföG verankert. Und trotz der Erfolge dieser ganzen Maßnahmen haben wir auch immer wieder betont, dass es weitergehen muss und dass wir noch mehr tun müssen, um das BAföG wieder stärker an die Lebensrealität von jungen Menschen anzupassen.
In dem Gesetzentwurf, den wir jetzt beraten, finden sich viele wichtige Modernisierungsmaßnahmen. Es geht um mehr finanzielle Unabhängigkeit und um mehr Flexibilität für Menschen in Ausbildung. Mit diesem Gesetz führen wir erstmals eine sogenannte Studienstarthilfe ein. Ein Studium aufzunehmen, das kostet Geld. Man muss Semestergebühren zahlen, man braucht möglicherweise einen neuen Laptop, Kaution, Umzugskosten – da kommt bereits vor der ersten Vorlesung eine ganze Menge zusammen. Gerade für Schulabgänger/-innen aus Familien, die Sozialleistungen beziehen, ist das häufig kaum finanzierbar. Das Ergebnis: Diese Menschen starten dann einfach kein Studium. Die Studienstarthilfe leistet da zukünftig Abhilfe. Das sind 1 000 Euro – das ist nicht nichts; das ist richtig viel Geld, –
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
die den Betroffenen unbürokratisch und schnell mit Studienbeginn zur Verfügung stehen, damit der Studienstart eben nicht abhängig davon ist, ob man sich ein Studium leisten kann oder nicht.
Und es geht noch weiter. Nachdem wir vor zwei Jahren die Elternfreibeträge bereits deutlich angehoben haben, ist jetzt eine weitere Ausweitung vorgesehen. Der Gesetzentwurf sieht auch mehr Flexibilität vor. Ein zusätzliches Semester soll Druck von den Schultern der Studierenden nehmen. Das ist gut, auch wenn wir uns hier zugegebenermaßen durchaus zwei Semester hätten vorstellen können. Außerdem wird der Fachrichtungswechsel endlich erleichtert und dafür deutlich mehr Zeit eingeräumt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, all diese Maßnahmen sind dringend notwendig, sie sind gut, und sie sind richtig. Deshalb ist es auch wichtig, dass dieses Gesetz wie geplant zum kommenden Wintersemester in Kraft treten wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass der Gesetzentwurf für uns als SPD-Fraktion an einigen Stellen deutlich nachgebessert werden muss, damit wir ihm zustimmen können.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Aha!)
Ich möchte das hier auch so deutlich formulieren: Es darf keine Nullrunde im BAföG geben. Wir dürfen junge Menschen in Ausbildung an dieser Stelle nicht alleinlassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])
Wenn wir die Bedarfssätze und die Wohnkostenpauschale in dieser Reform nicht anpassen, wird es realistischerweise bis 2026 keine Erhöhung mehr geben. Angesichts der gestiegenen Wohn- und Lebenshaltungskosten, die gerade für Studierende schlimm sind und sie stark getroffen haben, ist das nicht hinnehmbar.
Ja, das kostet Geld. Aber es lohnt sich. Unser Wohlstand hängt doch von den vielen klugen Köpfen ab, die Windräder bauen oder neue Technologien erfinden. Jeder junge Mensch, der dank BAföG einen Schul- oder Studienabschluss erlangt, trägt dazu bei. Deswegen müssen wir hier noch etwas mehr tun.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deshalb ist für uns die Anhebung der Darlehensobergrenze so nicht tragbar; denn gerade die Angst vor Verschuldung schreckt nachweislich viele junge Menschen vor einem Studium ab.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Nun den Schuldenanteil erhöhen zu wollen, konterkariert das Ziel eines inklusiven BAföG.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen erfolgt die Anpassung der BAföG-Höhe eben nicht automatisch, sondern nach Kassenlage und politischen Mehrheiten. Jetzt haben wir die Chance. Jetzt haben wir eine progressive Mehrheit in diesem Haus, um die Situation für Tausende junger Menschen, die Fachkräfte der Zukunft, besser zu machen. Mit dem Beschluss des Bundeshaushalts stehen uns dafür in diesem Jahr 150 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, dank der Arbeit der Haushälterinnen und Haushälter. Das sollten wir doch nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Ich bin sehr optimistisch, dass wir in den kommenden Wochen zu weiteren Verbesserungen kommen werden, um eine umfassende und schlagkräftige Reform für unsere Studierenden und jungen Menschen in Ausbildung zu verabschieden, und freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der nächste Redner ist Dr. Götz Frömming für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow, die AfD ist zu dritt da! Das zeigt den ganzen Stellenwert des BAföG für die AfD! Die Neofaschistenfraktion mag das BAföG nicht!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611131 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes |