Bengt BergtSPD - EU-Richtlinie Windenergie auf See und Stromnetze
Moin, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Heilmann, ich finde es schon sehr interessant, dass Sie ja selber aus dem Schmunzeln nicht rauskommen und wie sehr Sie doch betont haben, dass wir hier ein Parlament sind, das selbstbewusst immer wieder Änderungen vornimmt und das auch nachträgt, selbst wenn das BMWK sie gerade erst nicht in den Entwurf reingeschrieben hat; das ist doch eine feine Sache. Das gibt Ihnen doch die Gelegenheit, konstruktiv mitzuwirken. Dazu würde ich Sie ganz, ganz gern einladen.
Heute bringen wir die Umsetzung der RED-III-Richtlinie für Windenergie auf See und den Netzausbau auf den Weg. Gucken wir uns doch mal an: Was will denn die RED III, die Renewable Energy Directive III?
Die Intention ist, dass wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren schlanker machen, damit alle Mitgliedstaaten der EU die europäischen Ziele erreichen können. Europa will bis 2030 das Ziel erreichen, 42,5 Prozent erneuerbaren Strom zu erzeugen, und möchte bis 2050 klimaneutral werden. Wir in Deutschland – das ist bekannt – wollen bis 2045 klimaneutral werden, und zwar mit sauberer, sicherer und bezahlbarer Energieversorgung.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Drei Lügen hintereinander!)
Die Direktive, also die RED, könnten wir auch anders übersetzen: Es geht um Resilienz, es geht um die Widerstandskraft gegen Gasautokraten, es geht um die Energiepreise, also günstige Energie, und es geht um Dekarbonisierung, sprich: Wind und Sonne statt Kohle und Gas, meine Damen und Herren.
Was heißt das? Dieser Dreiklang ist entscheidend. Wenn wir konsequent nachhaltige Energiegewinnung aus Wind, Sonne und Biomasse nach vorne treiben, machen wir uns unabhängig von fossilen Energien aus autokratischen Ländern.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Was sagt denn Ihr Kanzler Schröder dazu?)
– Das war klar, dass Sie anfangen, zu poltern bei den autokratischen Ländern; das wundert mich überhaupt nicht, liebe AfD.
(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Und Sie müssen nicht mehr teuer Kohle und Gas einkaufen: Wind und Sonne schicken schließlich keine Rechnung.
Man sieht es an der Strombörse – das ist das Schöne –: Nicht nur der Spotpreis, sondern auch die Terminpreise, also die Lieferungen in einigen Jahren, sind deutlich gefallen, und im Großhandel wird das umso niedriger, je länger die Lieferung noch entfernt liegt.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das wird sogar negativ!)
Das ist eine sehr, sehr gute Entwicklung, die wir im letzten Jahr so nicht gesehen haben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist positiv nicht trotz, sondern wegen der erneuerbaren Energien. Der Strompreis der Erneuerbaren liegt deutlich unterhalb der Entwicklung der Preise von fossilen Brennstoffen oder dem CO2-Preis. Insofern ist die RED III ein dreifacher Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
Aber was regeln wir hier konkret? Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der RED III in Bezug auf Offshorewindenergie und den Netzausbau. Das Kernstück sind die sogenannten Beschleunigungsgebiete für Offshorewindenergie beziehungsweise Infrastrukturgebiete für Netze mit vereinfachten Genehmigungsvoraussetzungen – ein superlanges, schönes Kofferwort. Schwer zu erklären, schwer zu verstehen, aber was soll das eigentlich heißen?
Wir wollen in den Gebieten eine Befreiung von einer speziellen Umweltprüfung umsetzen, bzw. das besagt die RED III. Die Bundesregierung sagt: Wir wollen neben der Umweltverträglichkeitsprüfung über die RED III hinaus auch die Artenschutzprüfung aussetzen. – Das müssen wir uns natürlich noch mal genau anschauen.
Die RED III sagt: nachträgliche Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn später erhebliche negative Auswirkungen festgestellt werden. – Die Bundesregierung sagt: keine Umweltverträglichkeitsprüfung auch bei erheblichen negativen Auswirkungen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Umwelt- und Naturschutz war gestern!)
Auch das werden wir uns noch mal genau anschauen und diskutieren.
Das heißt, wir müssen uns anschauen, inwieweit dieser Entwurf vielleicht ein Stück zu weit geht. Das werden wir uns im parlamentarischen Verfahren, gern unter Mithilfe der Opposition, genau anschauen und sehen, was sinnvoll ist und was nicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei der RED III geht es um Resilienz, um Energiepreise und Dekarbonisierung; das habe ich gerade schon gesagt. Es geht aber auch noch um mehr: Es geht um die Zukunftsfähigkeit der europäischen und vor allem auch der deutschen Wirtschaft, es geht um Wertschöpfung, und es geht um Arbeitsplätze. Die Resilienz, die wir immer wieder beschreiben, heißt, dass wir die Produktionskapazitäten für Wind und Solar und für den Netzausbau, die wir in Deutschland schon haben, weiter halten müssen. Deswegen bin ich fest der Meinung, dass wir uns das Ausschreibungsdesign noch mal genau anschauen müssen, nämlich so, wie es der Net-Zero Industry Act – der auch von der EU kommt – bereits sagt. Denn allein die IG Metall rechnet damit, dass bis 2045 55 000 Menschen in der Offshoreindustrie in Lohn und Brot stehen. Das sind 20 000 Arbeitsplätze mehr als jetzt. Aber es gibt keine Garantie, dass diese Arbeitsplätze auch in Deutschland sind. Deswegen müssen wir dort straff einsteigen und dafür Sorge tragen, dass diese Regelungen auch entsprechend angepasst werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch deswegen wäre es wirklich sinnvoller, wenn die Union endlich den Ausbau der Erneuerbaren unterstützen würde und nicht weiter auf radioaktives Uran setzen will, was extrem teuer und extrem strahlend ist.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Wenn wir den Netzausbau weiter stärken, dann kommt sichere, saubere und günstige Energie auch bei Ihnen in Konstanz an, Herr Jung.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Wir freuen uns umso mehr auf die parlamentarischen Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7611250 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 169 |
Tagesordnungspunkt | EU-Richtlinie Windenergie auf See und Stromnetze |