Alexander RadwanCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zur aktuellen Europapolitik
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Erlauben Sie mir als erstem Redner der CSU erst einmal, meinem Landesgruppenvorsitzenden vom Pult aus zu seinem heutigen Geburtstag zu gratulieren. Wann hat man schon diese Chance? Die will ich natürlich nicht ungenutzt lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Europa steht vor großen Herausforderungen. Die globalen Entwicklungen zeigen es uns, meine Damen und Herren, auch auf der Tribüne. Wir haben Krieg in Europa, durch Russland verursacht. China hat Ambitionen wirtschaftlicher, militärischer, technologischer Art, die nicht immer nur wohlwollend sind. Und die USA gehen immer mehr von einem Burden Sharing zu einem Burden Shifting über, nach dem Motto: Ihr müsst mehr eigene Verantwortung für eure Sicherheit und die inneren und äußeren Belange übernehmen.
Darauf braucht es eine europäische Antwort. Und die Europawahlen werden die Weichen dafür stellen, meine Damen und Herren. Die wichtigsten Themen sind: Sicherheit, innere wie äußere – dazu zähle ich auch die Migration; darauf komme ich gleich –, Rüstung, Wirtschaft, Klima, Forschung. Das alles sind Themenbereiche, die wir auf europäischer Ebene vorantreiben müssen, ebenso wie den bereits erwähnten Kapitalmarkt. Dazu kommt auch – das wurde von den Rednern bisher nicht gesagt –, dass in den nächsten Jahren das Thema EU-Erweiterung auf der Agenda steht. Wie können Erweiterung und Vertiefung Hand in Hand gehen? Es werden entscheidende Weichen zu stellen sein, damit dieses Europa den beitrittswilligen Staaten ein Angebot machen kann, aber dabei handlungsfähig bleibt oder sogar handlungsfähiger wird.
(Zuruf von der AfD: Sehr richtig!)
Bei diesen Themen ist die Bundesregierung sprachlos, meine Damen und Herren.
Macron hat wiederholt Angebote gemacht, Reden gehalten. Man muss zwar nicht allem zustimmen, aber man kann doch zumindest erwarten, dass eigene Ideen dem entgegengesetzt werden bzw. daraus etwas entwickelt wird. Der deutsch-französische Motor ist zum Erliegen gekommen in Europa, in einer Zeit, in der Führung notwendig ist. Das ist schlecht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Umso wichtiger ist es auch, das Weimarer Dreieck wieder zum Leben zu erwecken und voranzubringen. Denn Europa ist östlicher geworden, und Polen ist hier ein entscheidender Faktor.
Meine Damen und Herren, die Ampel ist in Brüssel nicht zuverlässig. Frau Lang, Sie haben vorhin recht stark die Parteienpolitik in Europa beschrieben – sie unterhält sich gerade mit Herrn Hofreiter.
(Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Bei der Abstimmung auf europäischer Ebene über den Kompromiss zum Thema Migration waren es die EVP und die Mitglieder der italienischen Regierung, die diesen Kompromiss gerettet haben. Es waren die Grünen und Teile der Sozialdemokraten, auch der deutschen Sozialdemokraten, die diesen Kompromiss torpediert haben, die dagegengestimmt haben und dieses Projekt zum Scheitern gebracht hätten, meine Damen und Herren! Hören Sie mit dieser Heuchelei auf, immer nur auf das eine zu schauen und das andere aber dankend in Kauf zu nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Strack-Zimmermann, zum Thema FDP: Vielleicht hat es sich noch nicht rumgesprochen; aber Sie gehören zukünftig voraussichtlich einer Gesetzgebungskammer an, dem Europäischen Parlament. Das andere ist der Europäische Rat. Da kommt das Prinzip der FDP ins Spiel: Sie kommen immer zu spät. Sie machen ein Riesenbrimborium und versuchen, einen Vorgang anzuhalten. Aber sowohl beim Thema Verbrenner als auch beim Lieferkettengesetz haben Sie nichts erreicht.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Stimmt nicht!)
Also sorgen Sie dafür, wenn Sie gewählt sind, dass Ihre FDP-Minister sich rechtzeitig in die Diskussion einbringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich zum Thema Parteien Folgendes sagen: Zur AfD fällt mir nur ein, dass ihr Europaspitzenkandidat Nummer zwei nicht mal mehr an Sitzungen teilnehmen darf – erstaunlich. Und wer von den Radikalen in Brüssel rausgeschmissen wird, weil er als zu radikal, als zu gefährlich für Europa, als zu gefährlich für die Wirtschaft und für die Sicherheit in Europa gilt, hat in diesem Parlament nichts zu suchen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
2014, meine Damen und Herren, waren die EU-Spitzenkandidaten Juncker und Schulz. Schulz hat am Wahlabend erklärt, er wird Juncker unterstützen. Das war das Spitzenkandidatenmodell. Vor fünf Jahren war es die Spitzenkandidatin Barley, die noch am Wahlabend erklärt hat: Die Sozialdemokraten werden Manfred Weber nicht unterstützen. – Das war ein Affront, das war ein Angriff auf die europäische Demokratie, meine Damen und Herren.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: So sind sie!)
Aber wie sieht es heute aus? Die Sozialdemokraten fangen heute schon vor der Wahl an, in der Person von Scholz und ihren Parteivorsitzenden, zu erklären: Nein, wir werden dieses Wahlergebnis nicht respektieren.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn! – Christian Petry [SPD]: Unsinn! Herr Radwan, das ist unter Ihrem Niveau! – Achim Post [Minden] [SPD]: Sie wissen es besser! – Weitere Zurufe von der SPD)
Meine Damen und Herren, das ist ein Angriff auf die Demokratie. Wenn Sie sich hinstellen und die Demokratie in Europa verteidigen, dann müssen Sie dieses Modell auch entsprechend verteidigen. Ich erwarte von Ihnen, dass Ihr Parteivorsitzender am Wahlabend klar sagen wird, wer Wahlgewinner ist, und dass er die Konsequenzen, die im Vertrag stehen und daraus folgen, tragen wird und das Ganze nicht zum Spielball Ihrer Interessen macht.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)
Sie wollen auf europäischer Ebene einen Kommissar haben, der beim Stabilitäts- und Wachstumspakt wegschaut. Und die Grünen freuen sich darauf, die Deindustrialisierung von Deutschland nach Europa zu tragen.
Besten Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Petry [SPD]: Das war aber unter Ihrem Niveau, Herr Radwan! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Endlich mal deutliche Worte!)
Als Nächste hat das Wort für die Bundesregierung die Staatsministerin Dr. Anna Lührmann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612151 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zur aktuellen Europapolitik |