Achim PostSPD - Regierungserklärung: Europäischer Rat u. NATO-Gipfel
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, der Kollege Dürr hat recht: Es geht um einen wirklich wichtigen Europäischen Rat morgen und übermorgen. Wenn ich mir die Tagesordnung anschaue, sehe ich: Es geht um viel. Es geht darum, welches Spitzenpersonal wir in den nächsten fünf Jahren in der Europäischen Union haben. Es geht darum, mit welchen Schwerpunkten und mit welchen Inhalten wir in den nächsten fünf Jahren vorwärtsgehen. Und es geht auch darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie denn die Demokratinnen und Demokraten, die demokratische Mitte im Europäischen Parlament, miteinander zusammenarbeiten und für die Stärkung der europäischen Demokratie kämpfen. Das ist also einiges.
Das alles passiert in ernsten und schwierigen Zeiten, in Zeiten des andauernden menschenverachtenden, aggressiven Krieges Putins gegen die Ukraine, in Zeiten – einige der Vorredner und Vorrednerinnen haben es angesprochen –, wo das deutsche und europäische Wirtschafts- und Sozialstaatsmodell stärker unter Druck gerät, in Zeiten, wo die eine oder andere Partei meint, dass Klimaschutz und der sich zuspitzende Klimawandel nicht mehr so wichtig seien, weil andere Themen wichtiger seien, und in Zeiten, wo spätestens im November dieses Jahres die jahrzehntelange gute transatlantische Partnerschaft und Zusammenarbeit ganz anderen Herausforderungen ausgesetzt werden könnte – Konjunktiv! – als bisher. In solchen Zeiten ist es gut, dass wir darüber reden, wie wir uns Europa von morgen vorstellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In diesen Zeiten, lieber Herr Merz, ist es gut, dass wir uns nicht das Deutschland von gestern vorstellen, so wie Sie das in Ihrer Rede gemacht haben. Ich denke da nur an die Äußerung zum Staatsbürgerschaftsrecht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zusammengefasst will ich mal mit allem Selbstbewusstsein und mit aller Zuversicht sagen, dass wir in Zeiten wie diesen ein paar Dinge beachten sollten.
Erstens. Wichtig ist unsere klare Haltung zu Europa. Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland angesichts seines Gewichts, seiner Größe und Einwohnerstärke sowie als größte Volkswirtschaft Europas durch den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland auf der bevorstehenden Tagung des Europäischen Rats klar, eindeutig und sehr gut vertreten wird. Dafür bedanke ich mich schon jetzt beim Bundeskanzler.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wenn wir hier über Klarheit und Eindeutigkeit reden, bin ich bei der Zusammenarbeit der demokratischen Mitte in Europa; denn wir brauchen in diesem Europa ganz offensichtlich eine klare Zusammenarbeit der demokratischen Mitte. Das sind für mich die Christdemokratinnen und Christdemokraten, die Liberalen, die Grünen und die Sozialdemokratie in Deutschland und Europa. Nur dann, wenn diese Kräfte deutlich machen, wie sie zusammenarbeiten und dass sie ordentlich zusammenarbeiten, wird es gelingen, dafür zu sorgen, dass Leute wie Sie, die im Europäischen Parlament noch nicht einmal mehr rechts außen sitzen, weil die Rechtsaußen der Rechtsaußenfraktionen gesagt haben, dass Sie ihnen zu weit rechts außen sind – Sie müssen froh sein, dass Sie überhaupt zur Tür ins Europaparlament hineinkommen –, nichts zu sagen haben, und dafür kämpft die demokratische Mitte geschlossen, egal wie unterschiedlich die Ansichten zu verschiedenen Themen sind.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Selbstverständlich erkennt die deutsche Sozialdemokratie, die SPD, Wahlergebnisse an.
(Lachen bei der AfD)
Selbstverständlich haben wir vor der Wahl zum Spitzenkandidatenprinzip gestanden, und wir stehen auch nach der Wahl zum Spitzenkandidatenprinzip. Selbstverständlich haben wir vor der Wahl gesagt: Wir wollen eine Zusammenarbeit der Demokratinnen und Demokraten, ohne doppeltes Spiel und ohne Schielen nach ganz rechts außen. Und das sagen wir auch nach den Wahlen. Wir sind dafür, dass dieses Europa von demokratischen Kräften regiert wird und von niemand anderem, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Drittens. Ich will an das anknüpfen, was Britta Haßelmann gerade gesagt hat. Es muss doch, wenn man auf die nächsten fünf Jahre schaut, bei großen Projekten möglich sein, Dinge zusammenzubringen, die zusammengehören. Es muss doch möglich sein, auf dem europäischen Binnenmarkt die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt zu stärken und etwas für den Klimaschutz zu tun. Es muss doch möglich sein, diese drei Dinge zusammenzuführen!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Gleiche gilt für Sicherheit und Frieden. Es muss doch möglich sein – und es ist möglich; das zeigt doch gerade der Verteidigungsminister –, dass wir die Ukraine nach Kräften unterstützen und gleichzeitig eine starke Kraft für Diplomatie und Verhandlungen sind, wie das in den bisherigen Formaten schon passiert ist und weiter passieren wird. Das geht zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Es geht übrigens auch zusammen, dass man die europäischen Verteidigungsfähigkeiten deutlich stärkt, gleichzeitig aber darauf verzichtet, das zu tun, was meine Fraktion als großen Fehler beurteilt, nämlich bei humanitärer Hilfe und bei Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen. Steigerung der Verteidigungsfähigkeit und Kürzungen bei den Hilfen passen nicht zusammen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich fasse zusammen: Es geht in den nächsten Tagen und in den nächsten Wochen um unser Europa, um ein freies und liberales Europa, um ein demokratisches und soziales Europa.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft unseres Kontinents. Dafür lohnt es sich zu streiten.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Post. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Alexander Dobrindt, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613152 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung: Europäischer Rat u. NATO-Gipfel |