Wilfried OellersCDU/CSU - Ausnahme beim Mindestlohn ausländischer Erntehelfer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation der Landwirtschaft ist bedrohlich, so wie derzeit die der gesamten Wirtschaft. Die Landwirtschaft wird in dieser Legislaturperiode von der Ampel jedoch ganz besonders belastet. Da sind zunächst die allgemeinen Belastungen für die gesamte Wirtschaft zu nennen, wie zum Beispiel die höheren Energiekosten, Bürokratie und Dokumentation. Aber bei der Landwirtschaft hat sich die Ampel besondere Belastungen ausgedacht. Das verwundert umso mehr, als die FDP sich in der letzten Legislaturperiode noch als Wächterin der Landwirtschaft dargestellt hat.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ja, genau!)
Jetzt weiß sie davon nichts mehr und lässt SPD und Grüne mit ihrer bauernfeindlichen Politik frei gewähren. Unter der Ampelregierung geht es den Bauern um ein Vielfaches schlechter als unter allen Vorgängerregierungen der vorherigen 16 Jahre.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bei diesen zusätzlichen Belastungen ist insbesondere das Thema Agrardiesel zu nennen. Wir in der Union haben stets erfolgreich dafür gekämpft, dass diese steuerliche Vergünstigung nicht abgeschafft wird. Die SPD wollte das immer schon.
(Zuruf des Abg. Bernd Schattner [AfD])
Nun haben SPD und Grüne in der FDP einen verlässlichen Partner gefunden, diese für die Konkurrenzfähigkeit der Landwirtschaft so wichtige Entlastung abzuschaffen.
(Abg. Frank Rinck [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Dann wird groß angekündigt, dass für die Landwirtschaft ein steuerliches Entlastungspaket geschnürt wird. Und was passiert bis heute? Nichts.
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD zulassen?
Nein. – Im Bereich der baulichen Vorgaben, der Ställe, erlässt die Ampel immer wieder schärfere Regelungen. Das gibt keine Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei derart großen Investitionen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben im Bundestag beispielsweise für die Beibehaltung der Steuerbefreiung beim Agrardiesel, spürbare Entlastungen bei der Dokumentation, aber auch für langfristige Planungssicherheit für Tierhalter und Stallumbauten geworben und dies gefordert, aber vergeblich. Die Ampel hat alle unsere Vorschläge abgelehnt.
(Stephan Thomae [FDP]: Das hat doch die Union in Brüssel durchgesetzt! So habe ich das im Kopf!)
Eine weitere Herausforderung für die Landwirtschaft stellt natürlich auch der Mindestlohn dar. Die Tätigkeiten im Bereich der Erntehelfer bedeuten körperlich harte Arbeit, benötigen aber keine besonderen erlernten Qualifikationen. Daher sind die Löhne der Erntehelfer auch eher im unteren Bereich anzusiedeln. Da aber gerade die Erntetätigkeit sehr personalintensiv ist, schlägt ein höherer Mindestlohn gleich stark zu Buche.
Natürlich sollen die Erntehelfer ordentlich entlohnt werden; da möchte ich ausdrücklich nicht missverstanden werden. Aber auf dem Markt muss sich ein entsprechender Preis bzw. Lohn auch erwirtschaften lassen können. Da ist es wichtig, dass bei der Entwicklung des Mindestlohns die Situation der jeweiligen Branchen Berücksichtigung findet.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heißt was?)
Daher ist die Situation in der Landwirtschaft das beste Beispiel dafür, warum ein Mindestlohn nicht politisch bestimmt werden darf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber diesen Weg haben SPD und Grüne mit freundlicher Unterstützung der FDP verlassen. Ich kann nur dringend dazu raten, wieder dahin zurückzukommen, dass die Mindestlohnkommission in ihrer Arbeit nicht behindert wird.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja der Fall!)
Der Mindestlohn muss unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten weiterentwickelt werden. Gerade im Bereich der Landwirtschaft und dort im Erntehelferbereich ist die Weiterentwicklung des Mindestlohns sehr sensibel. Besonders der hohe Personaleinsatz erschwert es, der Konkurrenz aus dem Ausland standzuhalten. Wir haben nichts davon, wenn die Betriebe in Deutschland aufgeben müssen, weil sie nicht konkurrenzfähig sind. Wenn in anderen Ländern Europas die Löhne niedriger sind, dort produziert wird und die Ware in Deutschland günstiger angeboten werden kann, sollte jedem schnell klar werden, dass die Betriebe in Deutschland ab einem bestimmten Unterschied der Löhne nicht mehr konkurrenzfähig sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann geht die Produktion eben ins Ausland und aus Deutschland weg.
Nicht selten wird dann vorgetragen, man muss den Maschineneinsatz erhöhen, damit diese Arbeiten aufgefangen werden können. Aber gerade bei der Ernte von Gemüse, Erdbeeren, Spargel usw. ist ein maschineller Einsatz einfach nicht möglich. Und wenn die Produktion erst einmal eingestellt wird oder Deutschland verlässt, verlässt auch die Wertschöpfung unser Land.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: So ist es!)
Dass sich das auf die Steuereinnahmen nicht günstig auswirkt, brauche ich hier, glaube ich, keinem zu erklären.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Doch! Der SPD!)
Vor dem Hintergrund der Situation, in der wir uns wegen des Ukrainekriegs und der Energieversorgung befinden, sollte uns auch bewusst sein, dass wir gerade in der Ernährungsproduktion Selbstversorger bleiben müssen und jeden Grad von Selbstversorgung ausnutzen müssen, um diese Selbstversorgung in unserem Land hochzuhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen kann ich nur appellieren: Hände weg vom politischen Mindestlohn!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Beate Müller-Gemmeke für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Carl-Julius Cronenberg [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613236 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Ausnahme beim Mindestlohn ausländischer Erntehelfer |