Lamya KaddorDIE GRÜNEN - Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragte
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Faeser! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! In Zeiten von Sabotage, hybrider Kriegsführung, Terrorismus und Extremismus ist es besonders an der Zeit, neben unserer äußeren Sicherheit auch unsere innere Sicherheit für die Zukunft finanziell solide aufzustellen und vor allem unsere Jugend vor Radikalisierung und Extremismus zu schützen, und das tut dieser Haushalt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Insgesamt stärken wir mit diesem Regierungsentwurf die innere Sicherheit mit 400 Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zum letzten Jahr. Gegenüber der Finanzplanung erhalten die Sicherheitsbehörden sogar 1 Milliarde Euro mehr; davon soll die Bundespolizei 280 Millionen Euro mehr erhalten, das BKA 127 Millionen Euro mehr. Es sind die Grünen, meine Damen und Herren, es ist meine Fraktion, die seit Jahren auf Aufwüchse bei den Sicherheitsbehörden drängt
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
– Sie hätten auch heute Morgen mal zuhören können –; denn wir hören unseren Sicherheitskräften zu, die das seit Jahrzehnten fordern. Wenn es allein nach uns gehen würde, gäbe es sogar ein Sondervermögen Innere Sicherheit; das hat meine Kollegin Irene Mihalic heute Morgen in der Debatte noch mal betont.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hauptsache Schulden, ne? Hauptsache Schulden! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt keinen regulären Haushalt mehr!)
Wir versuchen, alles, was rechtlich geboten, aber eben auch nötig ist, umzusetzen, um dieses Land vor seinen Feinden im In- und Ausland zu schützen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Bettina Lugk [SPD] – Dr. Yannick Bury [CDU/CSU]: Die Kernaufgaben mit Schulden finanzieren! – Gegenruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja! Unglaublich!)
Innere Sicherheit ist ein zentrales Thema der grünen Partei
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Throm [CDU/CSU]: Es wird immer besser!)
– Sie können so lange lachen, wie Sie wollen –,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Egal! Das glaubt Ihnen eh niemand!)
und diese Sicherheit muss nach unserer Auffassung für alle Bürgerinnen und Bürger gelten, ich wiederhole: für alle Bürgerinnen und Bürger.
(Beatrix von Storch [AfD]: Für die ganze Welt!)
Das heißt: Wir machen keine abenteuerlichen Entwürfe aus dem Bauch heraus und legen damit im Rausche des Populismus – Sie wissen genau, wer angesprochen ist –
(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Wer denn? – Steffen Janich [AfD]: Die Grünen!)
nicht die Axt an unseren Rechtsstaat oder an europäische Vereinbarungen, also an genau die Grundlagen, die uns seit Jahrzehnten ein Leben in Freiheit, in Wohlstand und frei von Krieg beschert haben.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Sie haben doch gar nichts umgesetzt! Das ist doch Blödsinn!)
Es scheint einigen vielleicht nicht oder nicht mehr bewusst zu sein: Wir befinden uns in der längsten Friedensperiode, die Deutschland je erlebt hat.
(Steffen Janich [AfD]: Wenn es nach Ihnen geht, wird sich das bald ändern! – Alexander Throm [CDU/CSU]: Dazu haben aber die Grünen gar nichts beigetragen!)
Werte Kolleginnen und Kollegen, worauf ich aber einen Schwerpunkt setzen möchte, sind die Themen „Extremismusprävention“ und „politische Bildung“. Mich treibt die zunehmende Veränderung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen um – nicht erst seit heute. In der Coronapandemie waren viele junge Menschen isoliert und gezwungen, ihre sozialen Kontakte verstärkt in den digitalen Raum zu verlagern, mit all den Gefahren der asozialen Netzwerke. Auch deshalb stimmen inzwischen viele junge Menschen rechtsextremen oder islamistischen Positionen zu.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Erst letzte Woche teilte mir eine Beratungsstelle für Deradikalisierung im Bereich Islamismus mit, dass etwa zwei Drittel der Personen, mit denen sie arbeitet, minderjährig sind, und sie werden immer jünger. Auch der Anteil an jungen Mädchen liegt inzwischen bei 20 bis 30 Prozent. Und wir müssen dringend über migrantische Männlichkeitsbilder sprechen, an denen Extremisten mit ihren menschenfeindlichen Narrativen anschließen können.
Mehr als alles andere – ich meine es, wie ich es sage: mehr als alles andere – brauchen wir jetzt Prävention, Intervention und Deradikalisierung. Das beginnt mit einer stärkeren Regulierung der Plattformbetreiber und reicht über das Verbot von Organisationen und Vereinen bis zum Ausbau von Beratungsstrukturen sowie mehr Sozialarbeit an Schulen und außerschulischen, vielleicht sogar virtuellen Lernorten. Nicht bloß die Symptome und die deutsche Sicherheit oder Scheinsicherheit wiegen, richtig? Das effektivste Mittel gegen Radikalisierung kann nicht in kurzfristigen Lösungen, sprich: Asylrechtsverschärfung, liegen; denn sowohl der Rechtsextremismus als auch der Islamismus sowie weitere Formen von Extremismus sind heimisch und können nicht einfach weg oder gar abgeschoben werden, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nadine Heselhaus [SPD])
In einer Zeit, in der Desinformation, rechtsextreme und islamistische Mobilisierung und Onlineradikalisierung in unserer Jugend ihr Unwesen treiben, darf man insbesondere in diesen Feldern nicht sparen. Ich bin dankbar, dass das Budget der Bundeszentrale für politische Bildung – das haben Sie gerade angesprochen, Frau Bundesinnenministerium – um 6 Millionen Euro auf 101 Millionen Euro aufwächst. Besonders hervorzuheben ist die Stärkung der Programme zur Förderung von Demokratie und Extremismus. Hier sind die Beschlüsse des Sicherheitspaketes übrigens noch nicht berücksichtigt. Ich bin sicher, dass wir unsere Bemühungen hier noch verstärken können, zum Beispiel im Programm „Demokratie leben!“.
Meine Damen und Herren, unser gesellschaftlicher Zusammenhalt lebt auch vom ehrenamtlichen Engagement. Für die Bereiche Gesellschaft, Verfassung, Heimat und Sport werden daher 150 Millionen Euro zusätzlich zur Finanzplanung bereitgestellt. Gerade in diesem Sommer haben die Fußball-EM, die Olympischen und Paralympischen Spiele den hohen Wert von Sport doch gezeigt. Auch unseren haupt- und ehrenamtlichen Helden im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz wie beim THW stellen wir mehr Geld zur Verfügung;
(Dr. Yannick Bury [CDU/CSU]: Aber keine Liegenschaften!)
das haben wir gerade gehört. Kurzum: Diese Regierung sieht und investiert in unser großartiges Engagement in diesem Land, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Einziger Redebedarf besteht aus unserer Sicht noch bei Kürzungen – ich komme zum Ende – in den Bereichen BSI, BAMF und jüdisches Leben. Alles in allem aber setzen wir als Ampel mit diesem Haushalt ein klares Zeichen für die Sicherheit in diesem Land und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ich freue mich auf die Beratungen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Manuel Höferlin, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615097 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragte |