Carolin WagnerSPD - Umsetzung des EU-Data-Acts
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Liebe Frau Hoppermann, wenn Sie hier sagen, Sie hätten Angst, dass Sie im digitalen Bereich vielleicht etwas nachholen müssen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wir arbeiten permanent daran, die Sachen nachzuholen, die Ihr CSU-geführtes Digitalministerium über Jahre hinweg nicht angepackt hat. Von daher würde ich da mal kleinere Brötchen backen. Aber okay!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Serap Güler [CDU/CSU]: Spricht die SPD gerade?)
Der Data Act bettet sich ein in eine ganze Reihe an Regulierungen der EU rund um die Digitalisierung: AI Act, Digital Services Act, Data Governance Act – um mal die großen zu nennen. Die EU baut also ein umfassendes Rahmenwerk für Regeln im digitalen Raum, für die sinnvolle Nutzung von Daten, für Rechte von Nutzer/-innen und für Pflichten digitaler Unternehmen. Die EU ist damit ein Vorreiter weltweit, und das ist ein richtig gutes Beispiel dafür, was die EU Positives voranbringen kann.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Und was machen Sie?)
Der Antrag der Union lässt sich so zusammenfassen: Gebt jetzt mal Gas, setzt jetzt endlich um! Ist doch alles ganz einfach: ein Ministerium festlegen, einen Datenkoordinator benennen, ein paar Mittel im Haushalt bereitstellen. Und dann geben Sie noch ein paar Detailtipps zur Ausgestaltung.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was machen Sie? – Zuruf der Abg. Franziska Hoppermann [CDU/CSU])
In Wahrheit stellen sich aber rund um den Data Act noch viele Fragen.
Ganz grundsätzlich: Eigentlich umfasst der Data Act nicht-personenbezogene Daten. Das erklären Sie ja auch in der Einleitung Ihres Antrags – ich zitiere –:
„Der … Data Act hat das Ziel, den Zugang zu und die Nutzung von nutzergenerierten, nicht-personenbezogenen Daten zu verbessern.“
Jetzt könnte man vielleicht meinen, damit stellen sich kaum datenschutzrechtliche Fragen – aber auch nur eigentlich. Denn ja, es geht um Daten, die während der Nutzung eines Produkts oder des Dienstes durch den Nutzer generiert werden. Nun können maschinengenerierte Daten trotzdem einen Personenbezug aufweisen oder zwecks Kontrolle der Berechtigung des Zugriffs mit personenbezogenen Daten vermischt werden. Das hätte zur Folge, dass Daten, auf die man eigentlich mithilfe des Data Acts zugreifen möchte, verwehrt bleiben, weil der Data Act auf diese Daten dann gerade eben nicht angewandt werden kann.
Das wirft eine Reihe weiterer Fragen auf, etwa auf welche Rechtsgrundlage der DSGVO man dann zurückgreift, wenn Nutzer nach Data Act und Betroffener nach DSGVO auseinanderfallen.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Dann klären Sie doch diese Frage! Nicht nur Fragen stellen! Antworten!)
Neben rechtlichen Fragen muss man sich verantwortungsvollerweise auch noch andere Fragen stellen – jetzt zuhören, liebe Union –, etwa: Was würde Unternehmen, die kein Interesse daran haben, generierte Daten zu teilen, denn daran hindern, diese mit personenbezogenen Daten zu vermengen, um die Anwendbarkeit des Data Acts auszuschließen? Daran schließen sich weitere Fragen an: Ab wann gelten Datensätze denn als untrennbar miteinander vermischt? In welchen Fällen oder inwieweit kann man den Hersteller oder Dateninhaber zur Entwirrung dieser Daten vielleicht auch verpflichten? Sie sehen, es ist schon etwas komplizierter.
Bei den recht simplen Dingen in Ihrem Antrag finden wir sicher viele Gemeinsamkeiten. Ja, die Mitgliedstaaten können frei entscheiden, ob sie für die Anwendung und Durchsetzung eine oder mehrere Behörden als zuständig benennen. Und sinnvoll ist in jedem Fall, dass ein einheitlicher Ansprechpartner für die Unternehmen, ein Single Point of Contact, benannt wird, wie im Data Act auch vorgesehen.
In der gemeinsamen Stellungnahme des EDSA und des EDSB, also des Europäischen Datenschutzausschusses und des Europäischen Datenschutzbeauftragten, vom 4. Mai 2022 wurde ja bereits auf das Risiko operativer Schwierigkeiten hingewiesen, die sich aus der Benennung von mehr als einer zuständigen Behörde ergeben könnten. Wir sehen das genauso.
Und ja, auch wir sehen wegen der Anforderungen an die Aufsicht über die Erfüllung von Interoperabilitätsanforderungen insbesondere die Bundesnetzagentur als prädestinierte Aufsichtsbehörde an. Auch im Hinblick auf den Aufgabenkatalog des Artikels 39 DSGVO, welcher die Förderung der Datenkompetenz und Sensibilisierung der Nutzer/-innen in Bezug auf ihre Rechte aus dem Data Act umfasst, kann die Bundesnetzagentur bereits auf Erfahrungen zurückgreifen. Im Gegensatz zu den bestehenden Kompetenzbereichen des Bundeskartellamtes und des BSI müssten hier auch nicht erst Aufsichtsbefugnisse umfassend erweitert werden.
Ja, es stimmt auch: Der Data Act bietet Potenzial für Unternehmen, wie Sie es schreiben. Eine Bitkom-Studie besagt, 49 Prozent der Unternehmen sehen den Data Act als Chance für ihr jeweiliges Unternehmen und 58 Prozent als grundsätzliche wirtschaftliche Chance. Deshalb muss die Umsetzung jetzt rasch erfolgen.
(Lachen des Abg. Dr. Markus Reichel [CDU/CSU])
Sie muss funktionabel gestaltet werden, aber eben auch möglichst rechtssicher und für uns eben auch gut abgewogen mit Blick auf datenschutzrechtliche Fragen.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, wie!)
Was Ihre Forderung nach Stellen im Haushalt anbelangt: Da bin ich mal ganz gespannt, werte Union, ob Sie diese dann auch in der entscheidenden Sitzung des Haushaltsausschusses beantragen oder ob Sie sich in ähnlich destruktiver Weise wie im letzten Jahr bei den Haushaltsverhandlungen einfach überhaupt nicht zur Sache einlassen und keine Vorschläge bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Legen Sie einen verfassungsgemäßen Haushalt vor! Der Haushalt ist verfassungswidrig! – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Der Haushalt ist verfassungswidrig, und wir wollen dazu keinen Beitrag leisten!)
Es ist ein Leichtes, Geld für dieses und jenes zu fordern – macht überall Sinn. In der Gesamtheit muss das Geld verwendet werden, das zur Verfügung steht.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Genau! Richtig! Keine neuen Schulden machen! Genau! Das ist richtig!)
Und da werden wir Sie an Ihren Forderungen messen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Jens Zimmermann [SPD], auf die CDU/CSU zeigend: Die Schuldenunion ist das da drüben!)
Vielen Dank. – Barbara Benkstein hat das Wort für die AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615745 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung des EU-Data-Acts |