09.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 190 / Zusatzpunkt 1

Maik AußendorfDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer/-innen! Ja, heute wurden neue Wirtschaftsprognosen veröffentlicht, und die negativen Wachstumszahlen geben natürlich Anlass zur Sorge. Darüber müssen wir reden. Ist es gut, dass wir heute diese Debatte haben? Ja. Besteht Anlass zur Panik und zum Schlechtreden? Nein, so ist es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Denn zur Analyse gehört auch: Die Exporte nehmen zu, vor allem die Exporte in die USA. Die Auftragseingänge der deutschen Industrie, im Dreimonatsvergleich nehmen zu, vor allem im Maschinenbau. Das ist mittelfristig ein guter Trend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir sehen steigende Löhne. Die Inflation ist wieder nahe 2 Prozent – da, wo wir sie gerne haben wollen. Das heißt eben auch: Die Reallöhne steigen. Und das ist eine sehr gute Voraussetzung für eine steigende Binnennachfrage.

Die bleibt allerdings aus; denn für eine steigende Binnennachfrage braucht es auch eine gute Stimmung. Damit komme ich zu Ihnen, liebe Union. Da haben Sie nämlich auch eine Verantwortung. Ihr systematisches Schlechtreden

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Alles ist gut!)

über Monate hinweg schadet nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Demokratie; denn das treibt die Wählerinnen und Wähler in die Richtung Rechtsextremer. Dieser Verantwortung müssen Sie sich mal bewusst werden!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP] – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Die Rezession ist von der Union herbeigeredet worden! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die Daten sprechen für sich!)

Sie waren es, die uns in die Abhängigkeit von russischem Gas geführt haben. Wir haben hier im Dezember 2021 leere Gasspeicher vorgefunden,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wer hat denn Nord Stream 1 gebaut? Rot-Grün!)

die Sie an Putin verkauft hatten.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die hat Herr Gabriel verkauft!)

Weiterhin haben wir wegen einer unreflektierten Globalisierung – weil Sie nicht auf resiliente Lieferketten achten – eine Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern von Komponenten. Gerade für die deutsche Automobilindustrie besteht eine Abhängigkeit vom chinesischen Absatzmarkt. Warum ist das so fatal? Bereits 2016 haben die Chinesen Quoten für Elektroautos beschlossen. Was hat Frau Merkel damals als Bundeskanzlerin gemacht? Anstatt die deutsche Industrie zu animieren, vielleicht kleine, günstige Elektroautos zu entwickeln, fährt sie nach China und versucht, die Chinesen davon abzubringen – ohne Erfolg. Das Resultat sehen wir heute: erfolgreiche chinesische Autobauer, die kleine, günstige Autos bauen, und eine deutsche Automobilindustrie, die das nicht tut.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Frau Merkel ist schuld!)

– Das ist eben auch Ihre Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP] – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ja, genau! Staatswirtschaft muss man immer begrüßen!)

Denn was ist das Schlimmste für die Wirtschaft? Das ist eine launige, unzuverlässige Politik. Sie haben hier ein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mitbeschlossen – jetzt fordern Sie, es wieder zu kippen. Sie haben den Atomausstieg beschlossen – jetzt jammern Sie den Atomkraftwerken hinterher.

(Stephan Brandner [AfD]: Das macht die Union immer gerne! Atomenergieausstieg, Bürgergeld: Erst zustimmen und dann dagegen sein! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Was sagt der Minister dazu?)

Ich war selber 20 Jahre Unternehmer und weiß, was wirklich Gift für Unternehmen ist: Das ist Ihre launige, flatterhafte Politik, die heute so redet und morgen so.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ihr Wirtschaftsminister hat das mittlerweile auch gemerkt! Was sagt denn Herr Habeck dazu? Fragen Sie ihn doch mal!)

Ihre Kommissionspräsidentin, Frau von der Leyen, beschließt auf EU-Ebene ein Verbrenner-Aus – Sie agitieren hier dagegen. Das ist Gift für Investitionen in der Automobilindustrie.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ihre Politik ist Gift für diese Industrie!)

Jetzt komme ich aber mal zu uns. Was hat diese Bundesregierung bereits umgesetzt? Kollege Reinhard Houben hat ja schon viele Punkte genannt. Wir haben zunächst mal mit der Abhängigkeit von russischem Gas aufgeräumt. Heute fließt kein russisches Gas mehr in unseren Netzen.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Schröders Lebenswerk!)

Die Strompreise sind jetzt wieder auf dem Niveau von vor Kriegsausbruch.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Alles ein Erfolg dieser Regierung und besonders des Ministers Robert Habeck.

Steuersenkungen. Wir haben bei der Einkommensteuer Entlastungen von um die 20 Milliarden Euro erreicht. Wie hat es der Kollege gesagt? Der Abbau der kalten Progression fördert gerade den Mittelstand.

(Beifall der Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Manfred Todtenhausen [FDP])

Wir haben ein Bürokratieentlastungsgesetz IV mit einer Entlastung um 900 Millionen Euro vorgelegt. Es gab Praxischecks im BMWK, die sich gezielt an die Wirtschaft richten. Wir haben Gründungen vereinfacht, Unternehmensübergänge vereinfacht, Berichtspflichten drastisch eingedampft, eine Fachkräftestrategie erarbeitet, die Einwanderung von Fachkräften erleichtert, die Einbürgerung von gut integrierten Menschen, im Berufsleben stehenden Menschen vereinfacht. Alles das wirkt dem dramatischen Fachkräftemangel entgegen. Davon sagen Sie hier nichts. Das ist aber der Erfolg dieser Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Es ist aber noch mehr zu tun. Denn wenn wir den OECD-Vergleich anschauen, dann sehen wir, dass wir Primus bei der Schuldenquote sind – das ist super –, aber Schlusslicht bei Investitionen. Und wir haben heute ein negatives Wachstum hier präsentiert bekommen. Was kann man dagegen tun? Es ist relativ naheliegend: Diese Schuldenbremse ist eingerostet, sie ist eine Investitionsbremse, sie ist eine Wachstumsbremse. Deswegen müssen wir sie weiterentwickeln, um Mittel für Investitionen freizusetzen: für den Netzausbau aus Steuermitteln, um den Strompreis zu senken, für einen Deutschland-Investitionsfonds, um Mittel für Investitionen in Scale-up-Unternehmen freizusetzen, in die digitale Schiene,

(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])

in den Breitbandausbau, in Verwaltungsdigitalisierung. Denn das ist der Schlüssel zum Bürokratieabbau: eine bessere Verwaltungsqualität. Auch dafür brauchen wir Geld.

Wir brauchen nicht zuletzt auch die Entschuldung der Kommunen, damit die vor Ort investieren können, nämlich in kaputte Brücken, wie in Dresden, aber vor allem in Schulen. Denn das sind die Schulden, die viel schwerer wiegen. Kaputte Infrastruktur, kaputte Schulen – das geht so nicht; dem müssen wir etwas entgegensetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Deswegen ist es richtig, die Schuldenbremse weiterzuentwickeln, um all diese Investitionen zu ermöglichen. Denn wir brauchen ein Land, das funktioniert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ich wusste gar nicht, dass wir für Schulen zuständig sind; aber gut!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7616260
Wahlperiode 20
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Deutsche Wirtschaft in der Rezession - Wirtschaftswende
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