Kerstin GrieseSPD - Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurück zum Thema! Es geht um die Menschen. „ Bring them home now!“: Das ist das, wofür in Israel zurzeit fast jeden Tag demonstriert wird. Und solange immer noch Menschen in den Tunneln der Hamas in Gaza gefangen gehalten werden, bleibt das unsere wichtigste Forderung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir gedenken ein Jahr nach dem monströsen Massaker, nach dem furchtbaren Terrorangriff der Hamas der Opfer. Viele von ihnen kamen aus den Kibbuzim im Süden des Landes, gerade von dort, wo die Israelis lebten, die sich für Frieden und Verständigung eingesetzt haben – auch viele unserer politischen Freunde und Partner.
Noch nie seit 1945 wurden so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag ermordet. Auch arabische Israelis wurden ermordet. Die Hamas hat in ihrem antisemitischen Hass keine Unterschiede gemacht. Die Gewalt, die Vergewaltigungen, die Verschleppung der Geiseln, das alles war und ist unerträglich. Ich erlebe bei meinen israelischen Freundinnen und Freunden, dass für sie das Grauen nicht aufgehört hat, dass für sie immer wieder der 7. Oktober ist.
Und – das wird oft vergessen – direkt am nächsten Tag hat die Hisbollah aus dem Libanon den Norden Israels angegriffen; Gebiete, die unzweifelhaft israelisches Kernland sind. 70 000 Menschen sind bis heute aus den Dörfern im Norden vertrieben und konnten noch nicht zurückkehren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten nicht unterschätzen, wie traumatisiert die Menschen in Israel von diesen Ereignissen sind. Meine israelische Freundin Judith schreibt: Die Gesellschaft wurde komplett aus der Bahn geworfen. Das Gefühl der Verlassenheit ist keine Einbildung, sondern Realität.
Deshalb sage ich hier ganz klar: Wir stellen uns an die Seite Israels. Die dauernden Angriffe von Hamas und Hisbollah müssen ein Ende haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Markus Herbrand [FDP])
Israel ist die einzige wirkliche Demokratie im Nahen Osten. Und wir unterstützen unsere Freundinnen und Freunde dabei, dass es eine Demokratie bleibt – gegen Angriffe aus dem Äußeren, manchmal auch gegen Angriffe aus dem Inneren.
Wir sind in Gedanken bei den Menschen, die immer noch von der Hamas als Geiseln gefangen gehalten werden, und bei ihren Angehörigen. Und wir trauern um die viel zu vielen Toten unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, wo die Hamas die Zivilbevölkerung als Schutzschild missbraucht; das ist das Perfide. Deshalb brauchen wir auch mehr humanitäre Hilfe für Gaza. Es ist gut, dass sich die deutsche Bundesregierung auch da engagiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es darf kein „Ja, aber“ geben, kein Relativieren. Steffen Seibert, unser deutscher Botschafter in Israel, hat es gut auf den Punkt gebracht, „dass ein Leben eines palästinensischen Kindes genauso viel wert ist wie das Leben eines israelischen Kindes“. Deshalb wollen wir, dass es schnell einen Waffenstillstand gibt. Die Geiseln müssen befreit werden, die Waffen sollen schweigen; denn der Krieg hat schon viel zu viele zivile Opfer gefordert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Knut Gerschau [FDP])
Die Menschen in der Region brauchen eine friedliche Perspektive. Wir brauchen eine Zweistaatenlösung. Auch wenn sie heute weit entfernt scheint, müssen wir daran festhalten; denn ein sicheres Israel, in dem die Menschen in Frieden leben, wird es nur mit einem sicheren und friedlichen und demokratischen Palästina geben. Deshalb müssen wir auch die stärken, die sich für Frieden und Demokratie einsetzen, die Begegnungen zwischen den beiden Seiten organisieren und die zur Verständigung beitragen. Es ist besonders perfide und schlimm, dass die Hamas mit diesem furchtbaren Terrorangriff auch die vielen Friedens- und Begegnungsprojekte zerstört oder ihre Arbeit so erschwert hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein letzter Punkt, der mir wichtig ist: Infolge des 7. Oktober gibt es bei uns und weltweit eine bedrückende Welle von Antisemitismus. Das erschüttert mich. Ich will noch mal ganz klar sagen: Wir müssen und wir werden uns jedem Antisemitismus entschieden entgegenstellen, egal aus welcher Richtung er kommt, ob von rechts, von links, ob aus der Mitte der Gesellschaft, ob von extremistisch-christlicher Seite, wo übrigens die Wurzel des Antisemitismus ist, oder von islamistischer Seite.
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dazu gehört auch, dass wir diejenigen in unserem Land, die sich engagieren gegen Antisemitismus, gegen Hass und gegen Rassismus, besser unterstützen und nachhaltiger fördern. Dazu gehört auch: Wer sich gegen Antisemitismus engagiert, der darf über den antimuslimischen Hass nicht schweigen. Ich bin sehr dankbar, dass die Vertreter des Zentralrats der Juden, die ich dazu höre, immer wieder sagen, dass das zusammengehört. Am Sonntag bei der Rosch-ha-Schana-Feier in der jüdischen Synagoge in Wuppertal, wo ich auch war, hat das der Vertreter des Zentralrats deutlich gemacht. Auch im interreligiösen Gottesdienst am Montag war das der Fall.
Deshalb ist unsere Priorität klar: Wir sind solidarisch mit den Menschen in Israel, von denen viele jeden Tag auf die Straße gehen. „ Bring them home now!“, das fordern wir mit aller Deutlichkeit jeden Tag. Das dürfen wir nicht vergessen; denn es geht um die Menschen, die immer noch leiden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich grüße Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen. – Der letzte Redner in dieser Vereinbarten Debatte ist für die SPD-Fraktion Mathias Stein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Knut Gerschau [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7616365 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Jahrestag des terroristischen Überfalls auf Israel |