Carl-Julius CronenbergFDP - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Wirtschaftswende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Vorbemerkungen:
Erstens. Wenn die CDU/CSU hier die Abschaffung der Gesetze zur Debatte stellt, die sie selbst in Regierungsverantwortung verabschiedet hat,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: … hat sie aus ihren Fehlern gelernt! – Zustimmung der Abg. Norbert Kleinwächter [AfD] und Ulrike Schielke-Ziesing [AfD], an den Abg. Jens Spahn [CDU/CSU] gewandt)
dann ist das vielleicht ein Hinweis darauf, dass sie an den Gesetzen der aktuellen Regierung nicht allzu viel auszusetzen hat.
Zweitens. Wenn die Union das Lieferkettengesetz in wirtschaftlich guten Zeiten allen Warnungen der FDP zum Trotz einführt und in wirtschaftlich schlechten Zeiten wieder abschaffen will, dann darf sie sich weder über den Vorwurf des Populismus wundern noch über den Vorwurf, dass sie ihren Einsatz für Menschenrechte offensichtlich vom aktuellen Konjunkturbericht abhängig macht.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Das sind die Freien Demokraten!)
Drittens. Sollte die Union jedoch grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit von Lieferkettengesetzgebung hegen, dann stellt sich die Frage, warum sie nicht gleich einen Antrag vorlegt, mit dem sie auch die Abschaffung des europäischen Lieferkettengesetzes fordert.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
So viel Mut hat sie dann wohl doch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Anlass dafür gäbe es. Denn wem die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen wirklich wichtig ist, der sollte in Zeiten von Fachkräftemangel darauf verzichten, gut qualifizierte und rare Fachkräfte sinnlose Berichte schreiben zu lassen,
(Beatrix von Storch [AfD]: Dann stimmen Sie zu?)
sondern er sollte Fachkräfte mit sinnvollen und wertschöpfenden Aufgaben betrauen, wie zum Beispiel Produktinnovation und Markterschließung.
(Beifall bei der FDP)
Das sollte sich auch die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Herzen nehmen und sich klar von der Lieferkettenrichtlinie distanzieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])
Während die Positionierung der Union zwischen Brüssel und Berlin im Vagen bleibt, haben wir Freien Demokraten im Bundestag, in der Regierung und auch im Europäischen Parlament immer eine klare Haltung vertreten.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Im Rat habt ihr eine klare Haltung vertreten!)
Erstens. Mehr Regulierung von Lieferketten ist überhaupt nur dann hinnehmbar, wenn so nachweislich Menschenrechte gestärkt und Arbeitsbedingungen verbessert werden.
(Beatrix von Storch [AfD]: Was nicht der Fall ist!)
Zweitens. Der Rückzug von deutschen Unternehmen aus Entwicklungsländern durch ein solches Gesetz muss ausgeschlossen sein.
Und drittens. Mehr Freihandelsabkommen und mehr Marktöffnung sind das geopolitische Gebot der Stunde. Mercosur muss kommen! Der Bundeskanzler hat recht, wenn er dafür gestern sehr deutliche Worte gefunden hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Also weg mit dem Gesetz!)
Deshalb, verehrter Kollege Spahn, darf ich an die Korrekturmaßnahmen erinnern, die wir gerade auf den Weg bringen
(Zuruf von der SPD: Anzeigepflicht zum Beispiel!)
und die Ihren Gesetzentwurf überflüssig machen.
Erstens. Das BAFA setzt die Sanktionen aus.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sind die Sanktionen ausgesetzt?)
Zweitens. Es werden verbindliche Standards festgelegt, die das Abwälzen von Berichtspflichten auf mittelständische Zulieferer unterbinden.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sind die Sanktionen ausgesetzt?)
Und drittens. Die LkSG-Berichterstattung entfällt ersatzlos und gilt mit der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung als erledigt.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sind die Sanktionen ausgesetzt?)
Das muss im Übrigen auch schon für die Jahre 2023 und 2024 gelten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sind sie ausgesetzt?)
Ansonsten kranken alle Lieferkettengesetze und die EU-Richtlinie vorneweg an dem gleichen Problem: Lieferketten, in denen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eher die Regel als die Ausnahme sind, werden gar nicht erfasst. Plattformen wie Temu ebnen dafür völlig legal den Weg. Lieferkettengesetze treffen im Wesentlichen die Anständigen.
(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Also wie stimmen Sie denn jetzt ab?)
Lieferketten werden aber eben nicht dadurch nachhaltiger oder fairer, dass man den Anständigen mit Klagen und Sanktionen droht. Wer dem Mittelstand mit Misstrauen begegnet, erntet Verdruss und Verunsicherung.
(Zuruf von der CDU/CSU: Dann können Sie ja zustimmen!)
Der Mittelstand braucht das Gegenteil: Verlässlichkeit und Vertrauen. Dann kommen Investitionen und Wachstum zurück.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer sagt’s denn der Regierung? – Beatrix von Storch [AfD]: Wie stimmen Sie denn jetzt ab?)
Das Wort hat Maximilian Mörseburg für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617016 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Wirtschaftswende |