Bernd RützelSPD - Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Wirtschaftswende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Während wir jetzt hier im Deutschen Bundestag im Warmen, bei Licht, mit einer Toilette um die Ecke, mit einer Kantine im Haus über das Lieferkettengesetz diskutieren, sitzt zur gleichen Minute in Bangladesch eine Näherin in einer Fabrik und traut sich zwölf Stunden lang nicht, auf die Toilette zu gehen, weil sie Angst davor hat, vergewaltigt zu werden. Und zur gleichen Minute wird im Kongo ein kleiner Junge an einem Seil in ein Loch runtergelassen, um dort für uns mit bloßen Händen Seltene Erden herauszukratzen.
(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Für eure Elektroautos!)
Es geht um das Einhalten von Menschenrechten, und Menschenrechte sind unverhandelbar. Wir als SPD achten auf die Menschenrechte; wir achten auf die Menschenrechte weltweit.
(Beatrix von Storch [AfD]: In der ganzen Welt!)
Deshalb haben wir vor über drei Jahren das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beschlossen, das Unternehmen verpflichtet, genau hinzusehen.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Und heute früh? Heute früh will die CDU/CSU diese Achtung der Menschenrechte weltweit abschaffen
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das weißt du ganz genau! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ach herrje!)
– nicht „herrje“; abschaffen! –; darüber stimmen wir gleich namentlich ab.
Überlegen Sie es sich gut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, ob Sie Bürokratie gegen Menschenrechte ausspielen wollen.
Für die SPD ist klar: Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Die SPD steht zum Lieferkettengesetz, und die SPD steht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will Ihnen kurz vier Gründe nennen, weshalb ein Lieferkettengesetz so wichtig ist.
Erstens. Menschenrechte hat man von Geburt an. Die kann man nicht verlieren.
(Beatrix von Storch [AfD]: Meine Güte! Machen Sie mal eine Nummer kleiner!)
Man kann sie nicht entzogen bekommen. Sie sind universell. Sie sind nicht veräußerbar. Sie stehen jedem Menschen auf der Welt zu.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, gegenüber seiner Regierung, seinem Staat!)
Diese Menschenrechte unterliegen auch niemals konjunkturellen Schwankungen. Wir müssen sie schützen.
Zweitens. Das deutsche Lieferkettengesetz verlangt von Unternehmen, sich damit auseinanderzusetzen. Es verlangt nicht, die globalen Probleme und alle Ungerechtigkeiten der Welt zu lösen. Deswegen gibt es auch nur eine Bemühenspflicht und keine Erfolgspflicht.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie bemühten sich um eine angemessene Regierung! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Aber die Unternehmen müssen hinsehen. Sie müssen sich ihre Lieferketten anschauen. Sie müssen prüfen, ob in den Zulieferbetrieben Zwangsarbeit,
(Beatrix von Storch [AfD]: Wie sollen sie denn das machen?)
Folter und Kinderarbeit stattfinden. Und wenn sie das feststellen, dann müssen sie etwas dagegen tun.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Viele Unternehmen sind längst Vorbild im Schutz von Menschenrechten; die machen das ganz toll. Sie sind auch für die Zukunft gut aufgestellt.
Kollege Rützel, ich habe die Uhr angehalten. – Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Abgeordneten von Storch?
Nein. – Wer will denn schon damit werben, nicht alles so genau wissen zu wollen und auf dem Buckel der armen Menschen Gewinne abzuschöpfen? Diese Unternehmen – die vorbildlichen, die guten, die sich kümmern – müssen wir vor anderer Konkurrenz schützen.
Viertens. Unsere Unternehmen sind längst viel weiter als Sie von der Union, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben sich längst mit diesen Lieferketten auseinandergesetzt. Sie haben sich eingerichtet, sind sensibilisiert. Sie achten auf Menschenrechte.
Wir brauchen kein Rückwärts, wir brauchen Perspektive.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“!)
Darüber, über die Perspektive, sollten wir reden – das haben viele Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fraktion und aus anderen Fraktionen gemacht –: wie wir in Infrastruktur investieren, wie wir Brücken bauen, wie wir Kitas und Verkehrswege bauen. Das sind die Themen, über die wir reden, und nicht darüber, wie wir etwas Bürokratie abschaffen, um Menschenrechte abzuschaffen. Darum geht es im Kern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich erteile der Abgeordneten von Storch das Wort zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7617018 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Wirtschaftswende |