17.10.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 20

Volker UllrichCDU/CSU - Rückgabe von NS-entzogenem Kulturgut

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel des Gesetzentwurfs lautet: Entwurf eines „Gesetzes zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut“. – Ich meine, dass der Begriff „entzogen“ schon falsch ist.

(Otto Fricke [FDP]: Oh! Dann gälte das aber nicht für alle Fälle!)

Das Kulturgut wurde geraubt, die Menschen wurden ermordet, und ihre Kunstwerke und ihr Vermögen wurden vom NS-Unrechtsregime einkassiert.

(Otto Fricke [FDP]: Nein! Das ist doch gerade falsch!)

Ich finde, in dieser Deutlichkeit sollten wir das auch sagen.

Wenn wir darüber sprechen, dann dürfen wir nicht vergessen, dass der deutsche Staat der Rechtsnachfolger des NS-Unrechtsregimes ist

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und wir deswegen in einer besonderen Verantwortung stehen. Das dürfen wir nie vergessen.

Ich will daran erinnern, dass die Entrechtung und Entmenschlichung bis hin zur Vernichtung schrittweise erfolgt sind. Am Ende stand die völlige psychische, physische und auch vermögensrechtliche Vernichtung. Das bedeutet für uns noch heute Verantwortung.

Dieser Gesetzentwurf allerdings wird der Verantwortung nicht gerecht, und er ist zu kurz gesprungen. Er verkennt die historische Dimension unserer Verantwortung, auch im Bereich der Restitution. Warum? Weil er sich letztlich beschränkt auf Veränderungen im Bereich des Leistungsschutzrechts,

(Otto Fricke [FDP]: Es über 16 Jahre verhindern und dann hierhingehen und sagen: Es ist nicht genug! – Gegenruf des Abg. Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Otto, das stimmt aber nicht! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

des Gerichtsstands, die Frage des Verfahrens, ohne dass er tatsächlich die Probleme anspricht.

Herr Kollege Fricke, zur Untermauerung möchte ich aus zwei Stellungnahmen zitieren, die es auf den Punkt bringen:

Der Zentralrat der Juden sagt zu diesem Gesetzentwurf – ich zitiere –: Der vorliegende Gesetzentwurf enthält jedoch erhebliche Regelungslücken.

(Otto Fricke [FDP]: Dann füllt man die!)

Damit besteht die Gefahr, dass das angestrebte gute Ergebnis, die Verpflichtungen aus den Washingtoner Prinzipien von 1998 verbindlich umzusetzen, nicht nur nicht erreicht werden kann, sondern der Themenkomplex Schaden nimmt. – Zitat Ende.

(Otto Fricke [FDP]: Weshalb hat denn die Ministerin das Schiedsverfahren gemacht? So was von oberflächlich!)

Die Jewish Claims Conference schreibt in der Stellungnahme zum gleichen Gesetzentwurf – ich zitiere –: Schlussfolgerung ist, dass der Gesetzentwurf den Anschein erwecken kann, die Interessen der heutigen Besitzer von Kulturgut, das unter dem Verdacht des NS-verfolgungsbedingten Entzugs steht, mehr zu schützen als die Eigentümer und die Erben. – Zitat Ende.

Mit diesen beiden Zitaten können und dürfen Sie diesen Gesetzentwurf nicht zum Gesetz machen lassen. Wir brauchen eine grundlegende Änderung. Wir brauchen ein echtes Restitutionsgesetz. Mit Ihrem Gesetzentwurf werden wir unserer Verantwortung nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Das ist völlig falsch! Sie haben noch nicht mal die Schiedsvereinbarung gesehen! – Gegenruf von der CDU/CSU: Getroffene Hunde bellen! – Zuruf von der Regierungsbank – Gegenruf des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Sie versagen historisch in der Frage! Sie versagen historisch!)

Die direkte Diskussion mit der Regierungsbank ist jetzt nicht vorgesehen. – Der nächste Redner ist Helge Lindh für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Philipp Hartewig [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617237
Wahlperiode 20
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Rückgabe von NS-entzogenem Kulturgut
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