07.11.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt 6

Marlene SchönbergerDIE GRÜNEN - Jüdisches Leben in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Zurufe von der AfD: Oh! – Zuruf von der Linken: Was ist mit den Gruppen?)

Liebe Ehrengäste! Jüdinnen und Juden denken gerade darüber nach, wie ihre Zukunft in diesem Land aussehen kann. Man lebt im Land der Täter/-innen. Wenn ausgerechnet hier die antisemitische Bedrohung diese massiven Ausmaße annimmt, dann verunsichert das.

Lassen Sie es mich in aller Klarheit sagen: Jüdinnen und Juden werden bedroht. Das ist eine Tatsache, das ist ein Problem, und wir müssen Lösungen finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Linda Teuteberg [FDP] – Beatrix von Storch [AfD]: Ein mutiges Statement!)

Dafür müssen wir rauskommen aus aufgeheizten polemischen Debatten. Diese Situation verlangt Ernst und Vernunft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nicht jeden einzelnen Punkt der Resolution finde ich richtig, und ich glaube, dass es den meisten so geht. Doch das Anliegen der Resolution sollte uns Demokratinnen und Demokraten alle miteinander verbinden. Egal ob der Antisemitismus nun aus der politischen Rechten, der politischen Linken, von Islamistinnen und Islamisten oder aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft kommt: Wir müssen ihn bekämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Leider müssen wir beobachten, dass in der öffentlichen Diskussion mit unlauteren Mitteln gearbeitet wird. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Jüdinnen und Juden in diesem Land hinter der Resolution steht, werden immer wieder einzelne ablehnende Stimmen von jüdischen Intellektuellen und Künstlerinnen und Künstlern ganz besonders in den Fokus gerückt. Diese Schieflage ist ein Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Überhaupt muss einiges geradegerückt werden: Antisemitismus zu bekämpfen, hat nichts damit zu tun, rechts oder rassistisch zu sein. Wenn wir eine Resolution zum Schutz jüdischen Lebens beschließen, bedeutet das nicht, dass uns das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung egal ist. Und vor allem bedeutet es nicht, dass man die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung nicht mehr kritisieren kann oder darf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

All diese Behauptungen sind falsch, aber sie treiben Menschen um. Sie zu entkräften, ist unsere gemeinsame Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Kritiker/-innen des Beschlusses müssen aber auch dazu beitragen, nicht absichtlich misszuverstehen, worum es in dieser Resolution geht – und worum ausdrücklich nicht. Was wir heute hier beschließen, ist vor allem eines: ein Appell, dass sich etwas ändern muss. Das heißt, unsere Arbeit hört heute nicht auf. Ganz im Gegenteil! Die Resolution fordert mehr politisch-historische Bildungsarbeit.

(Beatrix von Storch [AfD]: Um Abschiebungen geht es! Das steht drin! Nicht um Haltung!)

Wir wollen, dass all die Menschen, die ganz vorne stehen im Kampf gegen Antisemitismus, aber auch gegen Antizionismus, Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit kämpfen, endlich die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: Mein Gott!)

Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gelingt am besten mit dem Demokratiefördergesetz. Der Zentralrat der Juden hat klargestellt, dass jedes weitere Zögern zulasten der Betroffenen geht. Deswegen lassen Sie uns dieses Gesetz

(Beatrix von Storch [AfD]: Welches Gesetz?!)

zusammen beschließen, gern auch aus der Mitte des Parlaments,

(Zuruf von der AfD: Never ever!)

und einen weiteren Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus liefern!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die deutsche Gesellschaft ist durchzogen von antisemitischen Denkmustern. Anders könnte es nach 2 000 Jahren Antisemitismus in Europa auch nicht sein. Und natürlich hat das auch Folgen für den Kunst- und Kulturbereich. Seit Jahren klagen jüdische und israelische Kunst- und Kulturschaffende über Ausschluss und Diskriminierung.

Wo jahrzehntelang zu wenig passiert ist, wird nach dem unsäglichen Antisemitismus auf der documenta 15 endlich entschlossen gehandelt: Claudia Roth ist die erste Kulturstaatsministerin, die das Problem ernsthaft angeht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich! – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Der war gut!)

Viele Kultureinrichtungen haben sich auf den Weg gemacht. Sie wollen die eigene Geschichte aufarbeiten, Antisemitismus wirksam bekämpfen. Dabei unterstützen Organisationen wie zum Beispiel das Institut für Neue Soziale Plastik. Doch sie können sich im Moment vor Anfragen nicht retten. Diese Strukturen zu stärken, das ist unsere Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Schönberger, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung?

Nein. Ich bin auch schon am Ende.

(Beatrix von Storch [AfD]: Allerdings! Intellektuell bankrott!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit über einem Jahr warten Jüdinnen und Juden auf ein starkes Zeichen aus der Mitte des Parlaments. Heute ist es so weit.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Und warum hat es so lange gedauert? Wegen den Grünen!)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Malte Kaufmann aus der AfD-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7617731
Wahlperiode 20
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Jüdisches Leben in Deutschland
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