Wolfgang KubickiFDP - Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um gleich mit den Märchenerzählungen der vergangenen Tage aufzuräumen: Die von der überwältigenden Mehrheit der Deutschen ungeliebte Ampel ist nicht an Pyramiden gescheitert, die auf dem Kopf stehen, sie ist nicht an einzelnen Begrifflichkeiten gescheitert, sie ist auch nicht daran gescheitert, dass die FDP nach dem Karlsruher Urteilsspruch schon im November letzten Jahres vergeblich eine finanz- und wirtschaftspolitische Neubewertung der koalitionären Grundlagen forderte. Sie ist vielmehr daran gescheitert, dass SPD und Grüne diese Neubewertung nicht wollten.
(Beifall bei der FDP)
Und sie ist an der Unmöglichkeit gescheitert, völlig unterschiedliche ökonomische Wirklichkeiten in Einklang zu bringen. Wenn schon Lösungsvorschläge, die von einer Reihe angesehener Ökonomen als zielführend betrachtet wurden, als Provokation empfunden werden, dann ist es aus unserer Sicht für das Land besser, nicht mit Sozialdemokraten und Grünen zu regieren, als falsch zu regieren.
(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Diese Koalition war inhaltlich schon längst zu Ende, bevor sie offiziell zu Ende war. Wer dies bestreitet, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten und Grünen, der sollte vielleicht mal die Kommentare von „Spiegel“ und „Welt“ von vor dem 6. November lesen, die darin gipfelten, dass es besser sei, dieses Gewürge endlich zu beenden.
(Zuruf des Abg. Jens Peick [SPD])
– Ich komme gleich noch mal dazu.
(Jens Peick [SPD]: Das haben Sie herbeigeführt, das Gewürge!)
– Ich darf kurz sagen: Für eine Partei, die bei 16 Prozent steht, nehmen Sie Ihren Bart ziemlich voll.
(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Bei der über mehrere Monate laufenden Debatte über das Lieferkettengesetz zeigte sich auch: Selbst wenn bestimmte wirtschaftspolitische Dringlichkeiten erkannt wurden, haben der Kanzler und sein Wirtschaftsminister nur viel versprochen, aber nichts umgesetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der BDA-Präsident Herr Dulger Herrn Scholz auf offener Bühne erklärt, er glaube ihm seine Versprechen beim Lieferkettengesetz nicht mehr, er glaube ihm nicht mehr, dass er noch in diesem Jahr für bürokratische Entlastung sorgen wolle, dann hat er – erstens – völlig recht; auch ich ziehe das in Zweifel. Zweitens muss man sagen: Wenn die Verzweiflung der deutschen Unternehmen und Arbeitgeber so weit gediehen ist, dass man dem Kanzler der Bundesrepublik Deutschland öffentlich und unmissverständlich erklärt, man glaube nicht, dass er tue, was er sagt, dann offenbart das ein sehr grundsätzliches Problem.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im Angesicht der dramatischen ökonomischen Zahlen, im Angesicht der Tatsache, dass Deutschland Schlusslicht im Wachstumsranking der OECD ist, im Angesicht der Unfähigkeit, diese Zahlen überhaupt als Handlungsauftrag zu akzeptieren, müssen wir sachlich feststellen, dass der Bundeskanzler seinen sozialdemokratischen Vorgängern im Amt nicht einmal ansatzweise das Wasser reichen kann. Denn er hat nicht nur nicht die Kraft zur Veränderung, er hat noch nicht einmal den Willen und das Vermögen, diese Lage zu verändern. Ökonomisch ist er aus meiner Sicht ein Zwerg.
Sie Sozialdemokraten erklären auf Wahlplakaten, Sie wollten jetzt für dieses Land kämpfen. Seit 1998 regieren Sie mit Ausnahme von vier Jahren dieses Land. Was haben Sie in diesen 22 Jahren eigentlich gemacht?
(Beifall bei der FDP – Bernd Rützel [SPD]: Nur gute Dinge! Nur gute Dinge!)
– Liebe Kolleginnen und Kollegen, das werden die Wählerinnen und Wähler noch entscheiden.
Kommen wir nun zum Wirtschaftsminister. Ich war ja wirklich begeistert, als ich lesen konnte, dass Robert Habeck in Sachen Lieferkettengesetz den Milei machen wolle – Friedrich Merz, höre bitte zu –, er wolle – wörtliches Zitat – „die Kettensäge anwerfen und das ganze Ding wegbolzen“. Ich kann nur sagen: Herzlich willkommen im Klub!
(Beifall bei der FDP)
Endlich mal jemand aus den Reihen der Grünen, der sich mal traut, bei der Bürokratie Mittel der Disruption einzusetzen, um ökonomisch voranzukommen. Bisher konnte man den Eindruck gewinnen, dass er mit der Kettensäge durch ganze Wirtschaftszweige schreiten will.
Bisher wurden all diejenigen, die vor zu großer bürokratischer Belastung gewarnt haben, vor allem von grünen Vorfeldorganisationen beschimpft. Ich kann mich daran erinnern, dass es, als wir gesagt haben: „Wir müssen das ändern, liebe sozialdemokratischen Freunde“, hieß: Ihr wollt Kinderarbeit? Ihr wollt die Menschenrechte verletzen? – Wer so an die Frage der Bürokratieentlastung herangeht, der will nichts verändern, sondern – im Gegenteil – die Wirtschaft weiter belasten.
(Beifall bei der FDP)
Ich erwarte von allen Beteiligten: Halten Sie Wort! Ich erwarte das deshalb, weil die Menschen darauf vertrauen müssen, dass das, was politische Handlungsträger sagen, auch umgesetzt wird. Ich will daran erinnern: Ich habe bereits im Februar dieses Jahres gesagt, dass diese Koalition am Ende ist, wenn es keine substanziellen Veränderungen gibt. Ich kann dokumentieren, wie häufig ich öffentlich erklärt habe, dass die Koalition noch 14 Tage, drei Wochen Zeit hat, um Veränderungen herbeizuführen, oder sie ist zu Ende. Darauf will ich gar nicht eingehen.
Die Freien Demokraten wollen als letzten Dienst an diesem Bundeskanzler ihm die Möglichkeit geben, sein Wort bei der deutschen Industrie einzulösen, nämlich das Lieferkettengesetz noch in diesem Jahr vom Feld zu nehmen. Das ist unser Ansatz. Die Einzelheiten wird der Kollege Cronenberg vortragen.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat Annika Klose für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618765 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes |