05.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 203 / Zusatzpunkt 8

Jürgen KretzDIE GRÜNEN - Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Verantwortung für Menschenrechte und Umwelt in globalen Lieferketten. Und wir haben mit dem Lieferkettengesetz den richtigen Hebel, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das habe ich vor zwei Monaten genau von diesem Platz aus schon einmal gesagt, und ich wiederhole es gerne noch mal.

Damals war es die AfD, die das Lieferkettengesetz abschaffen wollte, und nun ist es die FDP. In einer solchen Reihe würde ich persönlich ungern stehen; aber Christian Lindner ist ja seit Neuestem auch Fan von Elon Musk und Javier Milei.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Er ist halt lernfähig! – Wolfgang Kubicki [FDP]: War ja klar, dass Sie das nicht verstehen!)

Der Gesetzentwurf, über den wir heute hier debattieren, wäre ein Rückschritt für nachhaltiges Wirtschaften. Ihre Forderung, das Lieferkettengesetz komplett aufzuheben, lehnen wir entschieden ab.

Im Oktober sagte der Kollege Cronenberg hier in der Debatte – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„Globale Wertschöpfungsketten bedingen globale Verantwortung. Deutsche Unternehmen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen …“

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Per Gesetz!)

Ich teile die Ansicht ausdrücklich, dass viele engagierte Unternehmen bereits Verantwortung übernehmen; aber die vergangenen Jahre haben doch gezeigt, dass Freiwilligkeit allein nicht ausreicht und dass wir verbindliche Regelungen brauchen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Gesetzentwurf machen Sie aber keinerlei Vorschläge, wie man stattdessen die Einhaltung von Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards garantieren sollte. Auch wir Grünen nehmen die Sorgen kleiner Unternehmen sehr ernst. Viele kleinere Unternehmen kritisieren zu Recht, dass sie zu viele unterschiedliche Dinge immer wieder aufs Neue berichten müssen. Wie Sie selbst in der Begründung schreiben, liegt das aber daran, dass die größeren Unternehmen die Berichtspflichten an kleinere Unternehmen weiterreichen; aber das steht überhaupt nicht in diesem Gesetz. Wir Grünen nehmen das sehr ernst.

Wir setzen uns daher erstens dafür ein, dass die bürokratischen Belastungen für kleine Unternehmen so gering wie möglich sind – zum Beispiel durch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung von Berichtspflichten. Wir wollen zweitens, dass die europäische Richtlinie so in deutsches Recht umgesetzt wird, dass der Übergang so reibungslos wie möglich vonstattengeht. Dafür muss man aber nicht das bestehende Gesetz aufheben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier nun erneut unsere Gründe, warum wir das Anliegen des Lieferkettengesetzes nach wie vor ausdrücklich teilen. Millionen Menschen weltweit arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen. Deutschland und die EU haben hier eine besondere globale Verantwortung aufgrund der Größe unseres Marktes. Den Menschen in Deutschland ist es sehr wohl ein Anliegen, dass ihre Weihnachtsgeschenke nicht von Kindern oder durch Zwangsarbeit hergestellt wurden. Das bestätigt sogar eine aktuelle INSA-Befragung: 70 Prozent der Menschen in Deutschland unterstützen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD)

Ich habe beruflich viele Textilfabriken in Bangladesch, in Indien und in Pakistan und viele Minen im Kongo gesehen. Wenn Textilarbeiterinnen und -arbeiter dort nicht von ihrem Lohn leben können, wenn Fabrikunglücke mangels Sicherheitsvorkehrungen vermeidbare Opfer fordern oder wenn Rohstoffförderung Konflikte anheizt, dann müssen wir ganz klar sagen: Soweit es in unserer Macht steht, müssen wir das verhindern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards, wie im Lieferkettengesetz gefordert, ist allein schon moralisch geboten. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sagen mir, dass sie dieses Ziel ausdrücklich teilen. Eine Aufhebung des Gesetzes, weil es sich angeblich nur um unnötige Bürokratie handele, würde den Menschen weltweit aber überhaupt nicht helfen. Wir sind froh, dass es ein Lieferkettengesetz auf europäischer Ebene gibt, und wir wollen, dass es zeitnah in deutsches Recht umgesetzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bis dahin soll das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Deutschland weder pausieren noch abgeschafft werden. Es geht nur um die Berichtspflichten.

Natürlich wollen wir die konkreten Probleme, die die Unternehmen bei der Umsetzung haben, angehen. Wir sind offen für Verbesserungen, die eine Vereinheitlichung und Vereinfachung erwirken. Zum Beispiel wird es möglich sein, den Bericht, der künftig aufgrund der CSRD-Richtlinie der EU ohnehin nötig sein wird, auch für das LkSG anzuerkennen. Eine Doppelung wird dadurch vermieden.

Viele Unternehmen haben sich schon längst auf den Weg gemacht, und sie wollen nicht auf halbem Weg die Regeln geändert bekommen. Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Nach Ihrem Selbstverständnis, liebe FDP, müssten Sie das eigentlich am besten wissen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Gerrit Huy für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7618771
Wahlperiode 20
Sitzung 203
Tagesordnungspunkt Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta