Carl-Julius CronenbergFDP - Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freien Demokraten haben nicht ein einziges Mal irgendeinem Lieferkettengesetz zugestimmt, nicht hier in Berlin und auch nicht in Brüssel.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wer das behauptet, lügt, lieber Kollege Mörseburg.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zählt Ihr Wort nichts im Kabinett?)
Und wer das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erst einfordert, dann verabschiedet und am Ende sogar feiert, der sollte hier in Sachen Lieferkette ganz kleine Brötchen backen.
(Beifall bei der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Kollegin Huy, ich darf daran erinnern, dass am Abend des 6. November 2024 der Bundeskanzler nicht den Bundesarbeitsminister entlassen hat, der der Ankündigung des Kanzlers, das Lieferkettengesetz abzuschaffen, nicht Folge geleistet hat, sondern den Bundesfinanzminister, und zwar deswegen, weil der Kanzler für die wichtigen Entscheidungen zur Wirtschaftswende nicht mehr eintreten wollte.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Bernd Rützel [SPD]: Die Leute wissen es doch! – Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn!)
Das ist nämlich der Grund gewesen für die Entlassung.
(Beifall bei der FDP)
Vor zwei Jahren hat die österreichische Firma Strabag ihren vollständigen Rückzug aus Afrika angekündigt. 63 Jahre lang hat Strabag in Afrika Infrastruktur für die Wasserversorgung gebaut.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen dem Lieferkettengesetz? Unsinn!)
Dann war Schluss. Dann kam das deutsche Lieferkettengesetz und Strabag musste sich entscheiden: entweder unkalkulierbare Risiken in Kauf nehmen oder Rückzug aus Afrika. Der drohende Ausschluss von öffentlichen Aufträgen hier hätte die Existenz der Firma bedroht und 32 000 Arbeitsplätze in Deutschland gleich mit. Urteilen Sie selbst: Welche Verbesserung der Arbeitsbedingungen hat das Gesetz den ägyptischen Bauarbeitern gebracht? Wohl keine. Wenn jetzt aber chinesische oder russische Baukonzerne die Projekte bauen, ist eher mit einer Verschlechterung der Bedingungen zu rechnen. Wer kann das wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen?
(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Wollen war hier im Haus noch nie das Problem. Menschenrechte stärken, Arbeitsbedingungen verbessern, Kinderarbeit zurückdrängen sind immer zentrale Ziele der Außen- und Entwicklungspolitik. Jedoch anständige Unternehmen im nationalen Alleingang unter Androhung harter Sanktionen zu zwingen, bürokratische Dokumentationen zu erstellen, um vor Gericht Bemühen nachzuweisen, das verfehlt das beabsichtigte Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Im Übrigen sind Fachkräfte knapp und teuer. Die sollen keine Berichte schreiben, die sollen innovative Produkte entwickeln und Märkte erschließen.
(Beifall bei der FDP – Bernd Rützel [SPD]: Zehn Jahre haben wir es mit Freiwilligkeit probiert! Zehn Jahre ist es mit Freiwilligkeit probiert worden!)
Die gute Absicht ersetzt nicht die Verantwortung für die Folgen des Gesetzes. Die gute Absicht darf nicht dazu führen, dass unternehmerische Haftung die mangelhafte oder fehlende Rechtsdurchsetzung im Globalen Süden ersetzt. Die gute Absicht darf auch nicht länger als Rechtfertigung für nationale Alleingänge dienen, nicht beim Thema Lieferkette und in der Klimapolitik schon gar nicht. Wer davor die Augen verschließt, der schwächt Wirtschaft, Klima und Menschenrechte gleichermaßen. An diesem Punkt stehen wir, und deshalb muss das Lieferkettengesetz weg, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernd Rützel [SPD]: Nein! Niemals!)
Das ist jetzt auch das richtige Signal an Brüssel. Die Lieferkettenrichtlinie, die Ursula von der Leyen, CDU, durchgedrückt hat, muss grundlegend geändert werden; besser noch: sie wird gar nicht erst eingeführt. Wir wissen doch, dass unsere Unternehmen neue Beschaffungsmärkte brauchen als Alternativen zu Russland oder China. Wie kann man da auf die Schnapsidee kommen, die Erschließung neuer Lieferketten durch Bürokratiemonster und Haftungsrisiken zu erschweren? Erleichtern, ermutigen, Türen öffnen, das ist der Job der Kommission.
(Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Transparente Lieferketten sind resilient!)
Wir wissen doch, dass unsere Unternehmen zusätzliche Absatzmärkte brauchen in Zeiten, in denen Trump die Welt mit neuen Zöllen und mehr Zöllen überziehen will. Wie kann man da auf die Schnapsidee kommen, den Abschluss neuer Freihandelsabkommen durch unilaterale Markteintrittsbarrieren zu erschweren? Mehr und neue Freihandelsabkommen auf Augenhöhe abschließen, das ist der Auftrag.
(Beifall bei der FDP)
Wir Freien Demokraten lehnen eine Politik ab, die Unternehmen kriminalisiert, die unterstellt, dass Gewinn auf Ausbeutung gründet.
(Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Niemand wird kriminalisiert!)
Das haben Unternehmen nicht verdient.
(Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das Gesetz nicht verstanden!)
Bürokratie und Misstrauen schaffen Verdruss und Verunsicherung. Der Mittelstand verdient das Gegenteil: mehr Freiheit und Vertrauen.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Kollege Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618774 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes |