05.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 203 / Zusatzpunkt 8

Michael Grosse-BrömerCDU/CSU - Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde dazwischengerufen, es wurde hier auch angesprochen: Ja, das Lieferkettengesetz hat eine unionsgeführte Bundesregierung mitbeschlossen.

Viele von Ihnen kennen vermutlich den weltbekannten Physiker und wahrscheinlich seinerzeit klügsten Menschen der Welt, Stephen Hawking. Er hat einst gesagt: Intelligenz ist die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Deswegen lässt sich heute zu Recht zum Lieferkettengesetz die Frage stellen: Ist das gesetzgeberische Kunst, oder kann das weg? Und wir sind der Auffassung: Es kann weg.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigenes Gesetz!)

Angesichts der wirtschaftlich dramatischen Lage in unserem Land und vor allen Dingen angesichts der am Horizont schon erkennbaren europäischen Lieferkettenrichtlinie braucht es einen deutschen Alleingang nach unserer Auffassung eben nicht mehr.

Die Bundesregierung hat selbst angekündigt, das Lieferkettengesetz abschaffen zu wollen. Der von mir sehr geschätzte Kollege Kubicki hat den Kettensäge-Spruch von Herrn Habeck angesprochen; da gibt es einen Bezug zu Formulierungen des argentinischen Präsidenten. Von dem Präsidenten gibt es ja schon Fotos mit Kettensäge, von unserem Wirtschaftsminister gibt es die noch nicht. Aber ich wundere mich, dass jetzt manche Kollegen der Grünen erklären, das Gesetz dürfe nicht angetastet werden.

(Jürgen Kretz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja nicht! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich doch gerade gesagt! Keine Berichtspflicht mehr im nächsten Jahr!)

Vielleicht sollte das jemand Robert Habeck auch noch erzählen. – Martialischer geht es nicht mehr. Aber ich meine, wir können uns darauf verständigen: Zum Lieferkettensägenmassaker ist es bisher nicht gekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist ja das Problem. Obwohl der Bundeskanzler dasselbe gefordert hat, ist bisher leider nichts passiert.

Vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir in diesem Hohen Hause nicht nur Beschlüsse fassen, die regeln, wie wir in Zukunft leben sollen, sondern auch daran denken, wovon wir in Zukunft leben wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Denn die wirtschaftliche Stärke und der ökonomische Erfolg unseres Landes sind – das sollte man vielleicht auch nicht vergessen – die Grundlage für einen starken Sozialstaat und nicht umgekehrt. Ohne wirtschaftliche Kompetenz wird auch eine erfolgreiche Klima- und Verteidigungspolitik nicht gelingen.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Kompetenz lässt bei Ihnen ja deutlich nach!)

Lassen Sie uns also sinnvollerweise – möglicherweise sogar gemeinsam – bürokratische Fesseln, insbesondere die Fesseln des Lieferkettengesetzes, schnell beseitigen, notfalls auch ohne Kettensäge.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, lasst uns das machen! Nächste Woche! Es gibt einen Gesetzentwurf dazu!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist voraussichtlich meine letzte Rede im Deutschen Bundestag. Ich durfte 22 Jahre diesem Hohen Haus angehören. Meine Fraktion hat mir in dieser Zeit verschiedene Aufgaben zugetraut.

Neun Jahre war ich Erster Parlamentarischer Geschäftsführer; das war wohl die spannendste Herausforderung. Wer die Arbeit als Erster PGF kennt, der weiß: Das ist eine Mischung aus Mediator, Terminator und parlamentarischem Tatortreiniger.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das sind schon gewisse Herausforderungen.

Mit Bezug auf den Terminator-Teil habe ich mich gefragt: Muss ich mich heute an dieser Stelle noch bei irgendjemandem entschuldigen?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Dann ist mir aber glücklicherweise der Satz der HSV-Legende Uwe Seeler eingefallen. Der hat mal gesagt: Also, ein normales Foul ist nicht unfair.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Der Satz hat mehr Tiefgang, als man denkt, wenn man mal darüber nachdenkt. Aufgrund dieser Erkenntnis des Hamburger Philosophen Uwe Seeler bin ich zu dem Ergebnis gekommen: Ich muss mich nicht entschuldigen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Natürlich bin ich auch dankbar, dass ich in den letzten drei Jahren Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses sein konnte.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das war der Höhepunkt!)

So habe ich ein bisschen von der Reputation zurückgewonnen, mit der ich als Notar in diesem Haus mal gestartet bin. Manche behalten sie; aber man weiß ja nicht, wie das beim Ersten PGF geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir mit Blick auf die anstehenden Wahlen, dass sich der Wahlsieger dessen bewusst ist, dass er einen Regierungsauftrag bekommt und keinen Erziehungsauftrag.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich finde, man sollte den Menschen nicht vorschreiben, wie sie leben sollen, sondern ihnen ermöglichen, so zu leben, wie sie es gerne wollen.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Satz!)

Das würde aus meiner Sicht Politikverdrossenheit vermindern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da könnte die SPD auch mal klatschen, finde ich.

(Beifall der Abg. Svenja Stadler [SPD])

– Ja, danke schön.

Für einen erfolgreichen Abschied – das wissen wir – braucht man natürlich auch ein bisschen Wehmut, möglicherweise in Verbindung mit Dankbarkeit. Ohne meine Familie, vor allen Dingen ohne meine Frau, ohne meine Mitarbeiter, ohne die verschiedenen Teams, die ich im Wahlkreis und in Berlin hatte, ohne Unterstützung bei Wahlen vor Ort wäre ich gar nicht hier. Manche glauben, es gäbe sie nicht, aber es gibt sie: Freundschaften über Parteigrenzen hinweg. Die machen einem das Leben hier manchmal auch etwas leichter.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Königin Elisabeth hat einmal gesagt: Ich bevorzuge altbewährte Tugenden: gut voneinander reden, andere Ansichten respektieren, zusammenkommen, um Gemeinsamkeiten zu suchen, und nie das große Ganze aus dem Blick verlieren. – Ich mochte diese große Frau, und ich mag diese Einschätzung. Wenn wir uns hier im Bundestag manchmal an diese Tugenden erinnern, ist das wahrscheinlich auch eher sinnvoll.

Abschließend danke ich auch für so manchen Streit, der zur Demokratie dazugehört. Mit Blick auf den Wahlkampf, der, wie ich finde, schon begonnen hat, erlaube ich mir auch den Hinweis: Wer andere schlechtmacht, ist selbst noch nicht besser geworden. – Vielleicht sollte man sich auch daran bei Wahlkämpfen erinnern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Sinne: Es war eine lehrreiche, spannende, aufregende und vor allen Dingen zwischendurch auch immer wieder schöne Zeit hier im Deutschen Bundestag. Machen Sie es gut, möglicherweise sogar besser!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abgeordnete Norbert Kleinwächter für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7618776
Wahlperiode 20
Sitzung 203
Tagesordnungspunkt Aufhebung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
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