Stephan StrackeCDU/CSU - Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Rentenpaket setzen wir zentrale rentenpolitische Verabredungen des Koalitionsvertrages um. Der Gesetzentwurf trägt deutlich die Handschrift der Union. Mit der Mütterrente und den Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und bei der Reha greifen wir langjährige Forderungen der CSU auf. Hiervon profitieren 10 Millionen Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Rentenpaket ist Ausdruck zweier wesentlicher Grundprinzipien: Generationengerechtigkeit und Leistungsgerechtigkeit. Wir verbinden beide miteinander. Leitgedanke ist: Wir wollen diejenigen belohnen, die ein Leben lang viel geleistet haben. Deshalb ist die Mütterrente gerechtfertigt. Sie stellt den zentralen rentenpolitischen Fortschritt in diesem Paket dar. Deshalb wird sie zum 1. Juli dieses Jahres kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Rente ist ein Spiegel der gesamten Lebensleistung. Zur Lebensleistung von über 9 Millionen Frauen in diesem Land gehört auch, dass sie Kinder erzogen haben, und das unter Bedingungen, wie es sie jetzt nicht mehr gibt. Die Generationen unserer Mütter und Großmütter hatten nicht die hervorragenden Betreuungsmöglichkeiten, von denen beispielsweise meine Generation profitieren kann. So wurde die Berufstätigkeit oftmals über einen längeren Zeitraum unterbrochen oder gar gänzlich aufgegeben. Das führte dann im Alter dazu, dass sie niedrigere Renten beziehen, und das, obwohl sie ein Leben lang viel geleistet haben. Das ist nicht gerecht. Es ist auch nicht gerecht, dass sie bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten deutlich schlechter gestellt sind als die heutige Generation. Das haben viele gesellschaftliche Gruppen angesprochen. Wir haben das als CSU aufgegriffen und auf die politische Agenda gehoben, und jetzt kommt es.
Dabei ist auch richtig und wichtig, zu betonen: Die Mütterrente ist ein Generationenprojekt, ein Projekt, das über alle Generationen hinweg geht. Gerade die junge Generation
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bezahlt!)
muss sich sagen: Es geht um meine Eltern, um meine Mutter, meinen Vater, meinen Opa, meine Oma. – Und sie erkennt die Leistungen der vorangegangenen Generationen an, indem sie sagt: Ihr habt viel geleistet und habt uns Chancen eröffnet, die ihr selber nicht hattet. Deswegen sollt ihr auch von der Mütterrente profitieren. – Diejenigen, die hart gearbeitet haben, verdienen eine anständige Rente. Dafür sorgen wir mit der Mütterrente.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Unsere Eltern und Großeltern haben wie keine andere Generation in der Bundesrepublik Deutschland zum Erhalt des Generationenvertrags beigetragen. Aus den Kindern von damals wurden die Beitragszahler von heute. Genau sie sind es, die für die hervorragende wirtschaftliche Situation in diesem Land gesorgt haben. Deswegen haben wir jetzt finanzielle Spielräume. Diese nutzen wir für die Mütterrente. Wer viel geleistet hat, soll auch viel profitieren. Das galt und gilt auch für die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren. Wir haben im Übrigen, Frau Kollegin Mast, immer von 45 Beitragsjahren gesprochen. Von der Anerkennung von Arbeitslosenzeiten war damals nicht die Rede.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Steht aber in Ihrem Koalitionsvertrag drin! – Katja Mast [SPD]: Sie haben aber doch dem Koalitionsvertrag zugestimmt, Herr Kollege!)
Es geht vielmehr ausschließlich darum, dass wir die Leistung derjenigen, die viel und hart gearbeitet haben, entsprechend anerkennen. Derjenige, der ein halbes Jahrhundert lang mit seinen Beiträgen dazu beigetragen hat, unser Rentensystem zu sichern und zu stabilisieren, verdient am Ende seines Erwerbslebens Solidarität. Deswegen sagen wir: Die abschlagsfreie Rente mit 65 ist richtig.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, ab 65! Da geht es auch wieder hin!)
– Ab 65 ist richtig. – Wir haben im Rahmen des Koalitionsvertrages vereinbart, dass wir diese Rente übergangsweise zwei Jahre vorziehen, auf 63. Dies bauen wir wieder schrittweise bis zum Jahre 2028 auf. Dann erreichen wir wieder das Niveau, was wir vorher hatten.
(Katja Mast [SPD]: Nein! Das steht nicht im Koalitionsvertrag! Bitte zitieren Sie den Koalitionsvertrag, Herr Kollege!)
Wenn wir im Übrigen Zeiten der Arbeitslosigkeit zeitlich begrenzt und übergangsweise anerkennen, dann muss auch ein weiteres Prinzip gelten: Es kann nicht sein, dass derjenige, der in das Rentenversicherungssystem freiwillig Beiträge zahlt, schlechter gestellt wird als derjenige, dem beispielsweise Zeiten von Arbeitslosigkeit anerkannt werden. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise ein Handwerker, der sehr viel arbeitet und 18 Jahre in die Pflichtversicherung gezahlt hat und sich dann entscheidet, bis zur Rente freiwillig Beiträge zu zahlen, schlechter gestellt wird als derjenige, dem Arbeitslosenzeiten gutgeschrieben werden. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wir müssen diese Gerechtigkeitsfrage entsprechend lösen. Auch hier befinden wir uns im Gespräch mit unserem Koalitionspartner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für uns ist ganz klar: Der Weg der Rente mit 67 ist der richtige Weg. Daran halten wir auch fest; denn die Rente mit 67 ist das schlichte Ergebnis praktischer Vernunft. Wenn jemand, der heute mit 65 Jahren im Erwerbsleben steht, noch knapp 19 Jahre unter guten Rahmenbedingungen leben kann, dann ist es doch klar, dass wir unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit zusehen müssen, die Rentenversicherung dauerhaft tragbar zu machen. An dem eingeschlagenen Weg „Rente mit 67“ halten wir fest; hierfür braucht es allerdings auch soziale Flankierung. Genau dafür sorgen wir jetzt, indem wir die Erwerbsminderungsrente verbessern und gleichzeitig das Rehabudget aufstocken.
All das zeigt: Das Rentenpaket ist ein rundes Paket, das insbesondere Verbesserungen bei der Mütterrente mit sich bringt. Alle Vorhaben sind auch generationengerecht finanziert. Das Rentenpaket ist generationengerecht, weil es mittel- und langfristig finanziert ist. Im Rentenversicherungsbericht aus dem Jahr 2009 gab es die Prognose, dass der Beitragssatz im Jahr 2014 bei 19,9 Prozent liegen wird. Tatsächlich liegen wir bei 18,9 Prozent. Das sind 10 Milliarden Euro Ersparnis jährlich.
(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Genau!)
Das zeigt, wie gut wir derzeit dastehen. Das hängt damit zusammen, dass wir eine hervorragende wirtschaftliche Entwicklung haben, dass wir für viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sorgen. Deswegen haben wir jetzt die Spielräume, die Dinge so machen zu können, wie es im Rentenpaket vereinbart ist. Das wollen wir gemeinsam tun.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Martin Rosemann ist der nächste Redner für die SPD- Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Vorwurf gegenüber dem Rentenpaket der Bundesregierung, den ich in den letzten Wochen immer wieder gehört und gelesen habe und der heute aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen von Herrn Kurth und Frau Göring-Eckardt wieder erhoben wurde, ist, wir würden nicht dort ansetzen, wo der Bedarf am größten ist.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dem liegt ein grundsätzliches Missverständnis
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Ihrer Politik, ja!)
über unser deutsches Rentenversicherungssystem zugrunde. Die Rente ist keine Sozialleistung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Natürlich soll die gesetzliche Rentenversicherung Altersarmut verhindern. Deswegen nehmen wir die Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente vor. Deswegen werden wir als Große Koalition in dieser Legislaturperiode auch die solidarische Lebensleistungsrente einführen. Aber gleichermaßen muss die solidarische gesetzliche Rente Lebensleistung anerkennen. Deswegen wollen wir die Mütterrente und auch die sogenannte Rente mit 63 Jahren. Damit erkennen wir vor allem die Leistung der Menschen an, die sehr früh ins Arbeitsleben eingestiegen sind und dann lange und in der Regel körperlich sehr hart gearbeitet haben. Von der Anerkennung der Lebensleistung hängt meines Erachtens das Vertrauen in das System der gesetzlichen Rente ganz maßgeblich ab. Vertrauen ist bei unseren sozialen Sicherungssystemen, gerade auch bei der Rente, besonders wichtig.
In einer älter werdenden Gesellschaft müssen die Leute im Durchschnitt auch länger arbeiten. Deshalb wollen wir als SPD die Entwicklungen beim Renteneintrittsalter nicht zurückdrehen, und deshalb wollen wir auch keine Rückkehr in die alte Frühverrentungslogik der 80er- und 90er-Jahre.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir wissen aber, dass es neben der demografischen Realität auch eine gesellschaftliche Realität und eine Realität in den Betrieben gibt. Das verlangt von uns differenzierte Antworten, vor allem für erwerbsgeminderte Personen und für Leute, die sehr früh ins Erwerbsleben eingestiegen sind. Durch differenzierte Lösungen und differenzierte Antworten schaffen wir auch neues Vertrauen. Das zeigt die große Zustimmung, die unser Rentenpaket in der Bevölkerung insgesamt, aber gerade auch in der jungen Generation erfährt.
Meine Damen und Herren, wenn wir differenzierte Lösungen wollen, müssen wir uns auch fragen, wie wir mit der Anrechnung von Arbeitslosigkeit beim vorzeitigen Renteneintritt umgehen. Herr Kollege Schiewerling hat zu Recht auf die Vergangenheit verwiesen, auf die großen Strukturkrisen in Ostdeutschland, aber auch im Bergbau und in der Stahlindustrie. Genauso gilt das aber angesichts zunehmend brüchiger Erwerbsbiografien und der Tatsache, dass Krisen auch in Zukunft nicht ausgeschlossen sind, aus unserer Sicht auch für die Zukunft. Genau so steht es deshalb auch im Koalitionsvertrag.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zusammenfassend will ich sagen: Die Große Koalition verbindet mit ihrer Rentenpolitik die Verantwortung gegenüber der Lebensleistung der älteren Generation mit der Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen. Wir sorgen für die notwendigen und von der Bevölkerung auch gewollten Leistungsverbesserungen. Wir bauen Gerechtigkeitslücken konsequent ab und sorgen damit wieder für mehr Vertrauen in die gesetzliche Rente.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort erhält nun die Kollegin Jana Schimke für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3271581 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung |