28.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 152 / Tagesordnungspunkt 9

Martin RosemannSPD - Erziehungsleistung von Adoptiveltern in der Rente

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit mittlerweile eineinhalb Jahren wird die Kindererziehung für vor 1992 geborene Kinder in Deutschland besser anerkannt. Es werden nämlich die ersten beiden Jahre berücksichtigt statt früher nur das erste.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wer seitdem in Rente gegangen ist und Kinder erzogen hat, dem wird auch die Erziehungsleistung, die er oder sie erbracht hat, zugerechnet. Das gilt für das erste Lebensjahr des Kindes und auch für das zweite. Das gilt selbstverständlich auch für Pflege- und Adoptiveltern. Das ist erst einmal eine gute Nachricht für alle Mütter und Väter in unserem Land. Das hat diese Koalition geschafft.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben aber noch etwas anderes geschafft: Im Unterschied zu allen anderen Verbesserungen im Rentenrecht profitieren von dieser Neuregelung, von dieser Mütterrente, auch Frauen und Männer, die vor Inkrafttreten des Gesetzes schon in Rente waren. Auch das ist eine gute Nachricht für alle Rentnerinnen und Rentner mit vor 1992 geborenen Kindern

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nicht für alle!)

Die Voraussetzung dafür, dass wir das so machen konnten, war aber eine Pauschalregelung. Mütter bzw. Väter, die bereits in Rente waren, bekamen pauschal einen Entgeltpunkt für das zweite Jahr der Kindererziehungszeit zugewiesen. Dabei bekam jeweils die Person den Rentenpunkt, die bereits die Mütterrente für das erste Lebensjahr des Kindes bezog. Anders, meine Damen und Herren, war es schlicht nicht möglich, dies für die Frauen und Männer, die bereits in Rente waren, zu organisieren. Sonst hätten wir Hunderttausende von Versicherungsbiografien noch einmal von Hand bearbeiten müssen. Der Verwaltungsaufwand dafür stünde in keinem Verhältnis zu den Leistungen, wäre schlichtweg nicht vertretbar gewesen.

Klar ist, meine Damen und Herren: Durch die gefundene pauschale Regelung wird in den meisten Fällen die Realität abgebildet und damit die Leistung der Kindererziehung an der richtigen Stelle gewürdigt. Aber klar ist auch – das soll nicht verschwiegen werden –, dass es in speziellen Konstellationen zu einer falschen Zuordnung und damit in Einzelfällen zu Ungerechtigkeiten kommen kann. Eine, über die wir heute diskutieren, ist die Problematik bei der Anrechnung der Erziehungsleistung für Adoptiveltern. Aber das ist eben nicht die einzige, sondern es gibt noch andere, so beispielsweise dann, wenn der Vater ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes die Kindererziehung übernommen hat, die Mutter aber im ersten. In diesem Fall bekommt der Vater bei der Pauschalzuordnung selbstverständlich nicht den zusätzlichen Rentenpunkt, was vor allem dann ein Problem ist, wenn die Ehe mittlerweile in die Brüche gegangen ist. Ein weiteres Beispiel ist der Fall, dass Eltern ihr Kind im ersten Lebensjahr im Ausland erzogen haben. Auch dann kommt es zu Ungerechtigkeiten. Hier bekommt nämlich keiner den zusätzlichen Rentenpunkt.

Umgekehrt gibt es aber auch Beispiele dafür, dass sich die Pauschalzuordnung positiv auswirkt, beispielsweise dann, wenn durch die pauschale Anrechnung keine Kappung an der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt, wenn sich bestehende Abschläge, beispielsweise aufgrund einer vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrente, nicht auf den zusätzlichen, pauschal zugewiesenen Rentenentgeltpunkt auswirken. Das alles zeigt, meine Damen und Herren: Man kann nicht eine Lösung nur für eines dieser Probleme beschließen und die anderen Probleme ignorieren.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dann löst doch alle!)

Man kann sich aber auch nicht alle diese Fälle noch einmal einzeln anschauen. Damit sind wir ohne Zweifel in einem Dilemma, in einem Dilemma, in das man allerdings nur kommt, wenn man, wie wir, Verantwortung übernimmt, regiert und Entscheidungen trifft, anstatt sich, wie die Linke, in der Opposition zu gefallen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da kommt ihr auch wieder hin!)

Um es noch einmal zu sagen: Die einzige Alternative wäre es also gewesen, die Leute, die zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits in Rente waren, von der Verbesserung auszunehmen. Nochmals: Das wäre richtig ungerecht gewesen. Das wollten wir nicht. Deswegen haben wir das auch nicht gemacht.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Denn wir sehen jetzt schon, dass die Mütterrente ein großer Erfolg ist. Durch die Mütterrente ist der durchschnittliche Zahlbetrag der Rente für Frauen heute um 10 Prozent höher, für Frauen mit Kindern sogar um 12 Prozent.

Natürlich ist aber auch klar, dass die Anerkennung der Erziehungsleistung in der Rente nie wirklich der Lebensleistung gerecht wird, die man erbringt, wenn man Kinder erzieht. Auch die drei Jahre Erziehungszeit, die für ab 1992 geborene Kinder angerechnet wird, schaffen das nicht.

Deshalb gibt es übrigens im Rentenrecht weitere Elemente der Anerkennung von Erziehungsleistungen: vor 1992 die Aufwertung von geringen Rentenanwartschaften im Rahmen der Rente nach Mindesteinkommen, ab 1992 die Höherwertung niedriger Entgeltpunkte bzw. eine Gutschrift von zusätzlichen Entgeltpunkten im Rahmen der Kinderberücksichtigungszeiten. Bei der Rente für besonders langjährig Versicherte werden bis zu zehn Jahre Kinderberücksichtigungszeiten angerechnet, damit man diese erreicht.

Meine Damen und Herren, klar muss aber auch sein: Allein mit der Rente kann eine adäquate Anerkennung der Erziehungsleistung letztlich nicht erreicht werden. Das muss eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung sein. Letztlich wird die beste Anerkennung dann gewährleistet sein, wenn es in unserem Land selbstverständlich ist, dass sich Frauen und Männer die Erziehungsarbeit ebenso wie die Erwerbsarbeit partnerschaftlich teilen. Dafür sollten wir als Staat, als Gesellschaft und als Politik in den kommenden Jahren die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Matthias W. Birkwald für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 18
Session 152
Agenda Item Erziehungsleistung von Adoptiveltern in der Rente
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