Johannes FechnerSPD - Änderung des Lobbyregistergesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! In Deutschland gibt es rund 6 000 Lobbyorganisationen, die mit einem Gesamtetat von zusammen über 800 Millionen Euro pro Jahr in Deutschland Interessenvertretung betreiben. Das zeigt, dass die Versuche, auf unsere Gesetzgebung Einfluss zu nehmen, sehr groß sind. Genau darum ist es so wichtig, dass wir mit der Verschärfung des Lobbyregistergesetzes für mehr Transparenz in der Gesetzgebung sorgen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Hartewig [FDP])
Um es gleich zu Beginn zu sagen: Interessenvertretung an sich muss nichts Schlechtes sein. Wenn wir darüber debattieren, wie wir bei der Wärmewende verhindern, dass die Mieten explodieren, dann ist natürlich klar, dass wir uns mit dem Mieterbund austauschen müssen. Oder wenn wir wirtschaftspolitische Themen besprechen, dann ist mir der Austausch etwa mit der Handwerkskammer sehr wichtig. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bürgerinnen und Bürger müssen das Vertrauen haben, dass wir Abgeordnete uns nicht von Klientelinteressen und von Lobbyisten beeinflussen lassen,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
sondern für das Allgemeinwohl handeln. Das muss erkennbar sein, und dafür braucht es Transparenz, die wir mit diesem Gesetz verbessern.
(Maja Wallstein [SPD]: Sehr richtig!)
Zukünftig wird registrierungspflichtig nicht erst, wer als Lobbyorganisation Kontakte zu einem Unterabteilungsleiter in einem Bundesministerium hat, sondern schon bei Kontakten zum Referatsleiter. Um Missverständnissen vorzubeugen: Mit diesem Gesetz schaffen wir keine Pflicht, dass Gespräche dokumentiert oder gar veröffentlicht werden, sondern setzen die Voraussetzungen für die Registrierungspflicht auf die Referatsleiterebene herab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muss auch klar sein, worauf genau sich die Interessenvertretung bezieht. Deswegen wollen wir hier verpflichtend festlegen, dass die Lobbyorganisationen darlegen, worauf sie sich beziehen, auf welches Gesetz, auf welche Verordnung oder auf welchen Bundestagsbeschluss. Das alles muss veröffentlicht werden. Zudem müssen die Stellungnahmen und die Gutachten im Lobbyregister hochgeladen werden, damit alle Bürgerinnen und Bürger einfach erkennen können, ob auf die Gesetzgebung Einfluss genommen wurde.
Wir verschärfen auch die Regelungen, nach denen die Lobbyorganisationen ihre finanziellen Grundlagen darstellen müssen. Heute gibt es nämlich die Möglichkeit, dass die Finanzgrundlagen nicht angegeben werden müssen, dass die Angabe verweigert werden kann, und das auch noch ohne irgendeine Begründung. Diese Verweigerungsmöglichkeit streichen wir. In Zukunft müssen die Jahresabschlüsse, das Mitgliederbeitragsaufkommen, das Spendenaufkommen und die Zuschüsse der öffentlichen Hand veröffentlicht werden, damit klar ist, wie sich die Lobbyorganisation finanziert.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, an einem Punkt ändern wir die Regelungen unseres heute schon guten Lobbygesetzes. Wir streichen die Regelung, dass Spenden von mehr als 20 000 Euro an eine Lobbyorganisation von der Lobbyorganisation mit dem Namen des Spenders im Lobbyregister veröffentlicht werden müssen. Wir hören den Hilferuf fast aller großen deutschen Wohlfahrtsorganisationen, von der DLRG über das Rote Kreuz, die Caritas bis hin zu CARE, und sehen deren durchaus erhebliche berechtigte Bedenken, dass das Spendenaufkommen zurückgeht, wenn die Namen veröffentlicht werden müssen. Außerdem glauben wir, dass es keinen Einfluss auf die Lobbyorganisation hat, wenn man Beträge in Höhe von 30 000 Euro oder 40 000 Euro spendet, und deswegen wollen wir diese Regelung streichen. Wir hören den Hilferuf, liebe Kolleginnen und Kollegen der Sozialverbände.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Die Verbände sind einfach zu wichtig.
In Richtung Union muss ich sagen: Wir waren schon sehr überrascht, dass ihr die Sozialverbände hier im Stich lassen wollt. In Sonntagsreden hört man immer, dass wir das Ehrenamt unterstützen müssen und wie wichtig es ist, den sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu fördern. Dann müssen wir doch genau die Verbände, die für diesen sozialen Zusammenhalt stehen, finanziell unterstützen. Das können wir, indem wir nicht riskieren, dass sich das Spendenaufkommen reduziert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Da ist das Gesetz dann schädlich!)
Mit diesem Gesetz beenden wir einen weiteren Missstand, nämlich dass Interessenvertretung einfach dadurch verschleiert werden kann, dass Dritte zwischengeschaltet werden, Agenturen und sogenannte Kettenbeauftragungen. Das wird der Vergangenheit angehören, weil jetzt offengelegt werden muss, welche konkreten Drittinteressen hinter einem Lobbyauftrag stehen.
Wir haben es ja auch oft damit zu tun, dass Mandatsträger aus der Politik in die Lobbybranche wechseln; das ist der sogenannte Drehtüreffekt. Zukünftig muss offengelegt werden, ob ein Lobbyist aktuell oder früher Ämter oder Mandate hatte, damit ganz klar ist, ob hier das Allgemeinwohl von einem ehemaligen Politiker vertreten wird oder eben das Interesse des Auftraggebers, des Lobbyisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stärken mit diesem Gesetz das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Gesetzgebung, indem wir mehr Transparenz schaffen. Lassen Sie uns das Lobbyregister gemeinsam so verschärfen, wie wir es hier vorgeschlagen haben! Wir freuen uns auf die Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Patrick Schnieder das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555911 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 113 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Lobbyregistergesetzes |