27.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt VII

Antje TillmannCDU/CSU - Haushaltsgesetz 2014

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bund hält die ab 2016 geltenden Regelungen der Schuldenbremse seit 2012 ein. Bundesfinanzminister Schäuble hat das Ziel ausgegeben, innerhalb der nächsten zehn Jahre die Staatsverschuldung unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP zurückzuführen.

Heute verabschieden wir einen Haushalt mit einer strukturellen Null für das Jahr 2014. Für 2015 planen wir keine neuen Schulden mehr. – Mit diesen oder ähnlichen Sätzen haben viele Reden in dieser Woche begonnen. Viele Kolleginnen und Kollegen haben das in den Vordergrund gestellt, und das ist auch richtig so, weil das ein sehr wichtiger Teil dieser Haushaltsdebatte ist.

Liebe Frau Kollegin Lötzsch, Sie sprachen über Sozialpolitik. Künftigen Generationen gegenüber ist es sozial, ihnen nicht mehr Schulden zu hinterlassen als unbedingt nötig. Sozialleistungen der kommenden Generationen können nur sichergestellt werden, wenn wir uns disziplinieren. Deshalb, Herr Kollege Schäuble, lieber Norbert Barthle, lieber Johannes Kahrs: Ihr seid noch besser, als es die Verfassung verlangt. Herzlichen Glückwunsch dazu! Gute Arbeit! Mit diesem guten Gefühl können wir die Beratungen über den Haushalt 2015 beginnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diesen strukturell ausgeglichenen Haushalt haben wir erreicht, obwohl wir uns nicht nur auf unsere Bundesaufgaben konzentriert, sondern auch sichergestellt haben, dass die anderen staatlichen Ebenen, die Kommunen und die Länder, ebenfalls ihren Verpflichtungen bezüglich der Schuldenbremse nachkommen können. Ich nenne nur wenige Stichworte. Zur Entlastung der Kommunen: bei der Grundsicherung im Alter eine jährliche Entlastung ab 2015 von mehr als 5 Milliarden Euro, für den Ausbau der Kinderbetreuung bis 2014 über 5,4 Milliarden Euro, zusätzlich 1 Milliarde Euro in dieser Legislaturperiode. In Bezug auf das Bundesteilhabegesetz wird der Bund Kosten von rund 5 Milliarden Euro stemmen und ab 2015 noch einmal 1 Milliarde Euro zur Verfügung stellen. – Für die Länder sieht die Rechnung ähnlich aus: zusätzliche Mittel von 5 Milliarden Euro für Bildung – ein deutliches Signal gegen Altersarmut ist nämlich, die Bildung zu verbessern –, Komplettübernahme des BAföG ab 2015 mit 1,17 Milliarden Euro und Entflechtungsmittel von jährlich 2,6 Milliarden Euro, die bis 2019 zusätzlich an die Länder fließen.

An alle, die noch größere Anstrengungen vom Bund fordern: Diese Summe von 16 Milliarden Euro hätten wir in die Konsolidierung des Bundeshaushalts stecken können. Wir haben aber, gemeinschaftlich mit den anderen Ebenen, das Gesamtziel im Auge gehabt. Dass wir diese Entlastung erreichen konnten, ist den Konsolidierungsbestrebungen unserer Haushaltspolitiker zuzurechnen. Auch dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen muss ich deutlich sagen, dass ich die Forderungen einiger Länder der letzten Wochen mutig finde, in der nun anstehenden Bund- Länder-Kommission zum Länderfinanzausgleich immer weitere Lasten für den Bund zu fordern. Die Schulden der Länder sollen idealerweise vom Bund bezahlt werden. Die Defizite der Unikliniken der Länder sollen durch Bundesmittel ausgeglichen werden. Es muss zusätzliche Anstrengungen bei Bildung und Kinderbetreuung geben. – Die Zahl der Länder, die meinen, dass alle ihre Probleme vom Bund gelöst werden können, ist nach wie vor zu groß. Wir werden in der Bund-Länder-Kommission darüber sprechen müssen, wer welche Verantwortung hat, wer für welche Kosten zuständig ist und vor allem, wer welche eigenen Anstrengungen unternimmt, um 2016 bzw. 2020 die Gesamtverschuldung im Land entsprechend der Verfassung zu gestalten.

Frau Kollegin Lötzsch, Sie haben recht, wir werden das Thema „kalte Progression“ in diesem Jahr nicht angehen. Da uns das Ziel eines konsolidierten Haushalts so wichtig ist, müssen wir uns zusätzliche Spielräume erarbeiten. Hier sind wir auf dem Weg; vielleicht werden wir es bald schaffen. Es gibt aber ansonsten viele Themen in der Steuerpolitik, die wir angehen können. Ich kann Sie nur auffordern, mitzumachen. Am ungerechtesten in Ihrem Sinne ist doch, dass einige in Europa gar keine Steuern zahlen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden das mit dem Projekt BEPS unter Führung des deutschen Finanzministers Schäuble angehen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder deutsche Steuerschlupflöcher gestopft. Mit dem Kroatien-Gesetz werden wir jetzt wieder gegen Steuervermeidung vorgehen. Aber das müssen wir europäisch umsetzen; denn Steuerrecht ist nun einmal international. Auf europäischer Ebene sind wir auf einem guten Weg. Wir werden sicherstellen, dass sich digitale Unternehmen durch ihre Standortwahl nicht mehr die niedrigsten Steuern aussuchen können. Wir werden sicherstellen, dass Patentboxen nicht dazu missbraucht werden, über Briefkastenfirmen Steuergewinne ins Ausland zu verlagern. Wir werden dafür kämpfen, dass bei den Verrechnungspreisen Transparenz hergestellt wird, sodass keiner der deutschen Steuerpflicht entgehen kann. Wir werden auch die Dokumentationspflichten im Auge behalten und sicherstellen, dass kein Euro, der in Deutschland erwirtschaftet wird, unversteuert eingesteckt werden kann.

(Richard Pitterle [DIE LINKE]: Das wollen wir mal sehen!)

– Das werden Sie sehen. Wenn Sie bei den BEPS-Anhörungen gewesen wären, hätten Sie das gehört. Wir sind auf einem guten Weg und werden diesen fortsetzen.

Wir werden auch im Auge behalten, dass wir die Unternehmen nicht übermäßig belasten. Denn noch mehr als durch die Steuerlast sind sie durch Aufzeichnungspflichten, durch Bürokratie belastet. Bei all diesen Maßnahmen zur gerechten Besteuerung gilt es sicherzustellen,dass die Unternehmen keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand haben. Wir werden auch sicherstellen, dass Firmengeheimnisse der Transparenz nicht zum Opfer fallen, dass Unternehmen sich darauf verlassen können, dass ihre Daten wirklich nur zu Steuerzwecken genutzt werden.

Ein weiterer Bereich, dem wir uns widmen können, bevor wir uns dem Thema „kalte Progression“ zuwenden, ist die Vereinfachung des Steuerverfahrens, das bei Bürgerinnen und Bürgern zu erheblicher Verärgerung führt. Heute titeln viele Zeitungen, dass Hunderte von Steuererklärungen von getrennt veranlagten Ehegatten nicht bearbeitet werden können, weil es an den technischen Voraussetzungen fehlt. Genau da können wir ansetzen. Wir können im Rahmen des Vorhabens KONSENS das Besteuerungsverfahren vereinfachen. Wir können sicherstellen, liebe Damen und Herren auf der Tribüne, dass Sie bei der nächsten Steuererklärung nicht jeden einzelnen Beleg einreichen müssen. Wir arbeiten an einem Verfahren, bei dem Steuererklärungen nur dann noch händisch und einzeln geprüft werden, wenn sich die Erforderlichkeit aus der Risikoprüfung ergibt. Auch hier können wir Bürgerinnen und Bürger entlasten, und das werden wir auf diesem Wege machen, bis im Haushalt Spielraum für weitere Maßnahmen vorhanden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Unternehmen machen eine ganze Reihe zusätzlicher Vorschläge, die wir uns ebenfalls intensiv anschauen werden. Es gibt das Problem, dass für verbindliche Auskünfte Gebühren zu zahlen sind. Wir wissen, dass § 7 g EStG, der ursprünglich einmal als Investitionsanreiz für mittelständische Unternehmen geschaffen wurde, nicht im erwünschten Umfang Wirkung entfaltet. Wir wissen, dass Unternehmen die LIFO-Methode, eine Berechnungsmethode, anwenden, die jetzt in einem BFH-Urteil infrage gestellt wird. Wir wissen, dass wir Investitionsanreize im Bereich Wagniskapital setzen müssen. Wir wollen deshalb den Investitionszuschuss künftig steuerfrei stellen und Investitionsanreize für aufstrebende Unternehmen schaffen.

Es gibt also abseits von Flat Tax und Steuersenkungen, die den Haushalt belasten, viele Dinge, die wir in den nächsten Monaten tun können und werden, um Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger von lästigen Pflichten, die mit dem Zahlen von Steuern verbunden sind, etwa bei der Abgabe der Steuererklärung, zu entlasten. Da können wir ansetzen; da können Sie dabei sein. Danach schaffen wir es vielleicht noch, gemeinsam die kalte Progression anzugehen. All die Maßnahmen, die vorher ergriffen werden können, haben bisher nicht Ihre Unterstützung gefunden. Ich würde mich freuen, wenn sich das ändern würde.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der Kollege Sven-Christian Kindler ist der nächste Redner für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3570717
Wahlperiode 18
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2014
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