21.05.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 106 / Tagesordnungspunkt 7

Thomas FeistCDU/CSU - Berufliche und akademische Bildung

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Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der nationale Berufsbildungsbericht hat es deutlich gezeigt: Der Patient atmet noch. – Das ist die gute Nachricht.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn ihr damit zufrieden seid!)

Aber es gibt einiges, wo man vom ärztlichen Standpunkt her Bedenken anmelden müsste. Das ist zum Beispiel hier der Fall: Wir haben einen großen Rückgang bei der Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverhältnisse, der regional aber sehr unterschiedlich ist. Unser Rezept ist der Antrag, den wir als Koalitionsfraktionen zur Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung vorgelegt haben.

Worum geht es im Einzelnen? Es geht darum – das hat die Ministerin auch schon gesagt –, dass die berufliche Bildung an Attraktivität verliert. Sie haben einmal in einer Rede gesagt, Frau Ministerin: Gegen mangelnde Attraktivität hilft auch kein Ministerprogramm, aber wir sollten es nicht unterlassen, alles zu tun, um die berufliche Bildung hier in Deutschland zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Stärkung der beruflichen Bildung fängt bei einer guten Berufsorientierung an. Ich füge hinzu: Berufs- und Studienorientierung. Angesichts von 330 Ausbildungsberufen und annähernd 20 000 Bachelor-Abschlüssen kommt man ohne eine gute Orientierung nicht weiter. Wir müssen erreichen, dass durch diese Berufs- und Studienorientierung zum einen alle Schüler angesprochen werden, zum anderen über die Schüler hinaus aber auch die Lehrer und die Eltern. Dazu müssen wir durch Staatsverträge mit den Bundesländern eine gleichbleibende und hohe Qualität der Berufs- und Studienorientierung gewährleisten; denn nur dort, wo Berufs- und Studienorientierung drin ist, darf sie auch draufstehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das heißt auch: Wenn wir um Gymnasiasten werben, zeugt das von der Erkenntnis, dass in einer Industriegesellschaft – wir reden über Industrie 4.0 –, in einer sich verändernden Wirtschafts- und Technologielandschaft mittlerweile viele Ausbildungsberufe ein Abitur erfordern. Dabei kann eine Berufsausbildung mit einem „Abitur Plus“, wie sie vom Zentralverband des Deutschen Handwerks vorgeschlagen wird, für die Fachkräfte sorgen, die wir morgen in diesem Lande brauchen.

Wir haben in unserem Antrag nicht nur die Ausbildungsbetriebe adressiert, sondern auch die Berufsschulen, die Berufsschullehrer. Hier sind die Länder in der Pflicht, eine Struktur vorzuhalten, mit der wir den Innovationsvorsprung bei der Ausbildung, für den die Berufsschulen sorgen, erhalten und möglicherweise noch verstärken können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es fehlt in der ganzen Ausbildungskette nur noch eine Spezies: die Meister. Auch hier stellt sich die Frage der Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung. Wenn wir über prekäre akademische Arbeitsverhältnisse reden, dann müssen wir auch über die prekären Arbeitsverhältnisse reden, die dort entstanden sind, wo die Meisterpflicht weggefallen ist. Das betrifft nicht nur kleine und Kleinstbetriebe. Wenn wir fragen: „Wie können wir mehr für Ausbildung tun? Wie können wir mehr Unternehmen erreichen, die ausbilden?“, dann ist es vielleicht ein mutiger Schritt, zu sagen: Wir haben in diesem Punkt einen Fehler gemacht und sollten überlegen, wie wir ihn korrigieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wenn wir über Gleichwertigkeit reden, möchte ich zwei Zahlen anfügen. Wir investieren in den normalen Bildungsweg, also Schule und berufliche Ausbildung, ungefähr 100 000 Euro. Wir investieren in den Bildungsweg Gymnasium und akademische Ausbildung 170 000 Euro. Aus meiner Sicht ist das ein Missverhältnis. Wir müssen sehen, dass wir in der nächsten Zeit dazu kommen, dass wir auch im Bereich der beruflichen Bildung mehr investieren und diejenigen Unternehmen, die ausbildungsbereit und ausbildungsfähig sind, unterstützen, damit sie auch in Deutschland ausbilden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in der letzten Zeit darüber geredet, wie wir etwas mehr für den akademischen Nachwuchs tun können. Das ist gut. Unsere Koalitionsspitzen haben sich darauf geeinigt, für den akademischen Nachwuchs in den nächsten Jahren 1 Milliarde Euro bereitzustellen, eine hervorragende Entscheidung. Noch besser wäre es gewesen, wenn wir im Zusammenhang mit der akademischen Ausbildung vielleicht auch etwas zur beruflichen Bildung gesagt hätten; denn beide Säulen sind wichtig, und beide Säulen stehen in unserem Land gleichberechtigt nebeneinander. Da sollten wir auch noch etwas tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wenn wir darüber reden, wie wir die Gleichwertigkeit von dualer, beruflicher und akademischer Bildung weiter erhöhen können, dann ist die Frage, wie wir etwas für die Aufstiegsfortbildung, sozusagen für das Meister- BAföG, tun können, auch ein wichtiges Thema. Wir sind gerade dabei, zu überlegen, welche Anreize wir denjenigen geben können, die sich für ein Meisterstudium entscheiden, wie wir finanzielle Anreize für das Bestehen dieser Meisterprüfung geben können und wie wir es eventuell auch schaffen, weitere Adressatenkreise für das Meisterstudium zu erschließen, die bisher noch nicht erfasst wurden. Ich denke da zum Beispiel an diejenigen, die einen Beruf gelernt haben, einen Bachelor haben und damit jetzt auch einen Anspruch auf Meister-BAföG bekommen sollen.

Wir haben dem Berufsbildungsbericht entnommen, dass Handlungsbedarf besteht. Wir haben in dieser Koalition schon die richtigen Zeichen gesetzt, auch im letzten Jahr. Es gilt jetzt, auf diesem Weg weiterzugehen und für eine gute und zukunftsfähige Finanzierung des beruflichen Sektors zu sorgen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Gabriele Katzmarek, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5114526
Wahlperiode 18
Sitzung 106
Tagesordnungspunkt Berufliche und akademische Bildung
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