Michael GerdesSPD - Prekäre Arbeitsverhältnisse
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! In der Rede meines Kollegen Markus Paschke ist schon sehr deutlich geworden, dass die SPD dem Missbrauch der Leiharbeit eine Absage erteilt. Wir finden es nicht richtig, wenn für Stammbelegschaft und Leiharbeitsbeschäftigte unterschiedliche Arbeitsbedingungen gelten. Aber wir stehen dazu, Leiharbeit auf ihren Kern zu begrenzen.
Leiharbeit ist durchaus ein Instrument zur Abdeckung von Auftragsspitzen oder Urlaubszeiten.
(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Befristung! Sachgrund!)
Es geht um schnelles Reagieren und mehr Flexibilität bei der Erfüllung von Aufträgen. Das ist so weit nachvollziehbar.
Auch als früherer Betriebsrat und überzeugter Gewerkschafter scheue ich mich nicht, zu sagen, dass es Firmen gibt, die sehr verantwortungsvoll mit dem Thema Leiharbeit umgehen. Leiharbeit kann durchaus in ein festes Beschäftigungsverhältnis münden. Das durfte ich vor einigen Tagen im Rahmen eines Praktikums in meinem Wahlkreis persönlich erfahren. Wogegen wir uns wehren, ist: dauerhafte Überlassung, Scheinwerkverträge mit hohen sozialen Risiken und Ungleichbehandlungen.
(Beifall bei der SPD)
Nun aber zum Antrag mit dem Titel „Junge Beschäftigte vor prekärer Arbeit schützen“. Meine Damen und Herren der Linken, die Überschrift Ihres Antrags kann ich voll und ganz mittragen und unterstützen.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Überschriften sind noch keine Politik!)
Auch ich wünsche mir, dass junge Menschen einen sicheren Start ins Arbeitsleben haben und dass ihnen von Beginn an gute Rahmenbedingungen geboten werden. Schaut man allerdings in die Details Ihres Antrages, wird klar, dass es Ihnen vornehmlich um ein komplettes Verbot von Leiharbeit und weniger um die tatsächliche Situation junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt geht.
(Peter Weiß (Emmendingen) [CDU/CSU]: So ist es!)
Dem können wir logischerweise nicht zustimmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn es anders wäre, hätte die Linke besser analysiert, warum und für wen der Einstieg ins Arbeitsleben schwieriger bzw. unbeständiger geworden ist. Betroffen sind vor allem Ungelernte und Geringqualifizierte, also Jugendliche ohne Schulabschluss und/oder ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Weil wir von der SPD dieses Problem schon seit längerem kennen, haben wir mit der Koalition verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet, damit junge Menschen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.
Sie haben bisher immer nur gesagt, was Frau Nahles nicht getan hat. Ich will einmal sagen, was Frau Nahles getan hat. Ich nenne einige Maßnahmen: Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes haben wir genau definiert, dass ein Praktikum ein Lernverhältnis ist, bei dem bestimmte Standards einzuhalten sind. Wir haben somit verhindert, dass junge Menschen mit abgeschlossener Ausbildung oder abgeschlossenem Studium mit halb- oder ganzjährigen Praktikumsverträgen abgespeist werden, obwohl sie reguläre Arbeit leisten. Damit ist die Generation Praktikum vorbei.
(Beifall bei der SPD)
Die Allianz für Aus- und Weiterbildung ist eine beschlossene Sache. Im Mittelpunkt steht für uns das Versprechen auf eine Ausbildungsgarantie. Das heißt, wir wollen erreichen, dass am Ende kein junger Mensch, der das Potenzial hat und diesen Weg gehen will, ohne eine qualifizierte Ausbildung bleibt. In der Allianz enthalten sind unter anderem die assistierte Ausbildung sowie die ausbildungsbegleitenden Hilfen. Beide Instrumente haben das Ziel, jungen Menschen beim Lernen unter die Arme zu greifen, etwa beim Erfassen von fachlichen Inhalten, beim Abbau sprachlicher Defizite oder in Form von sozialpädagogischer Hilfe. Sie können den Einstieg in eine Ausbildung und auch deren Abschluss schaffen.
Teil der Allianz für Aus- und Fortbildung ist auch die Verbesserung der Berufseinstiegsqualifizierung und Berufsorientierung. Wir wissen, dass der Übergang von der Schule in den Beruf nicht immer so reibungslos läuft, wie wir es uns gerne wünschen. Hier müssen wir besser aufklären. Wir müssen Pfade aufzeigen, wie man in die Berufswelt kommt. In diesem Zusammenhang halte ich Jugendberufsagenturen für sehr sinnvoll.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Langfristiges Ziel ist ein vergleichbares, gleich gutes Angebot für alle am Übergang von der Schule zur Ausbildung, egal woher die jungen Menschen stammen, wo sie wohnen oder welche Schulform sie besucht haben. Was wir gemeinsam mit den Sozialpartnern vermeiden bzw. verringern müssen, sind abgebrochene Ausbildungen. Es gilt, die Vorteile der dualen Ausbildung noch besser zu nutzen. Das Zusammenspiel von Schule und Betrieb macht uns stark. Die Praxisorientierung in der Ausbildung hilft den Unternehmern, aber sie hilft auch den jungen Arbeitnehmern. Genauso wenig dürfen wir diejenigen außer Acht lassen, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Wir müssen junge Menschen befähigen. Jeder soll zeigen können, was in ihr oder was in ihm steckt.
Im Bereich der Weiterbildung setzt die bereits genannte Allianz zwei Ausrufungszeichen. Der Bund verbessert erstens das sogenannte Meister-BAföG. Im Übrigen ist das Meister-BAföG ein Erfolg. Es hat neben der Förderung von Meistern, Technikern und Fachwirten zu einer verstärkten beruflichen Bildung in Richtung der zunehmend relevanter werdenden Gesundheitsberufe geführt. Zweitens verpflichten sich die Allianzpartner, ihre Anstrengungen zur Nachqualifizierung insbesondere erwerbstätiger junger Menschen ohne Berufsabschluss zu verstärken.
All diese Maßnahmen sollen vor prekären Jobs schützen. Qualifizierung ist ein Schlüssel zum Erfolg, egal in welchem Alter. Gerade im Hinblick auf Arbeiten 4.0 wird Weiterbildung einen viel höheren Stellenwert benötigen als bisher. Heute nehmen gerade einmal 50 Prozent aller Arbeitnehmer im Laufe ihres gesamten Berufslebens an einer Weiterbildung teil, auch hier leider mit der typischen Schieflage: Frauen, Migranten und Ältere haben deutlich weniger Zugang zu qualifizierter Weiterbildung. Oftmals hat das auch finanzielle Gründe. Besonders junge Menschen können sich weiterbildende Maßnahmen schlichtweg nicht leisten, weil sie sich, wie wir gerade schon gehört haben, neben dem Einstieg ins Berufsleben eine Zukunft für ihre Familie aufbauen wollen. Dabei ist vor allem eine gute Ausbildung der wesentliche Faktor, der vor prekärer Arbeit schützt. Hier werden wir künftig noch mehr Möglichkeiten schaffen.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Markus Kurth von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6101031 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Prekäre Arbeitsverhältnisse |