Jana SchimkeCDU/CSU - Gesetzlicher Mindestlohn
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion haben in ihren Redebeiträgen in dieser Debatte schon sehr eindrucksvoll und vor allen Dingen auch sehr verständlich und nachvollziehbar dargestellt, welche Aufgabe, welchen Zweck eigentlich der Mindestlohn hat, dass es hier nicht um eine gute Rente geht oder um eine Armutsabsicherung, sondern dass es um ein Grundniveau geht, das wir uns vor allen Dingen auch aus ethischen Gründen in diesem Land geben.
Ich möchte aber zu Beginn meines Beitrages auf eine Sache eingehen, die heute noch gar nicht so angeklungen ist; Frau Ferschl hat sie kurz angesprochen. Ich möchte gerne ein paar Worte darauf verwenden. Es ist immer so: Wenn wir uns mit Anträgen der Linken auseinandersetzen, gibt es in der Regel im Vorfeld eine Anfrage an die Bundesregierung, die dann auch beantwortet wird. Die Linke nutzt diese Antwort in der Regel für einen allgemeinen politischen Skandal und bringt das dann auch in die Medien.
In diesem Fall ging es um den Niedriglohnsektor in Deutschland. Wir wissen alle: Der Niedriglohn bildet sozusagen das ab, was unterhalb von zwei Dritteln des mittleren Lohnes in Deutschland liegt. Jetzt ist es ja so, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Löhne und Gehälter und auch die Renten in Deutschland steigen wegen der guten wirtschaftlichen Situation.
(Zuruf von der LINKEN: Die Renten aber nicht!)
Deswegen steigt natürlich auch die Rente für Beschäftigte im sogenannten Niedriglohnsektor. Dieser Betrag wächst immer weiter. Sie nutzen das Thema Niedriglohn immer wieder, um es zu skandalisieren und zu sagen: Es reicht nicht zum Leben.
Frau Ferschl hat heute in der „Bild“-Zeitung von erheblichem „sozialem Sprengstoff“ gesprochen. Ich bin immer ein Freund von sachlicher Klarheit und vor allen Dingen von einer korrekten Darstellung. In diesem Fall ging es darum, dass es nicht sein könne, dass beispielsweise ein Single im Niedriglohnbereich ein Einkommen von ungefähr 1 800 Euro brutto beziehe und eine vierköpfige Hartz-IV-Familie im Schnitt 2 144 Euro, weil das zu dicht beieinander liege. Da würde es sich nicht mehr lohnen, zu arbeiten.
Meine Damen und Herren, ich muss eines sagen: Wenn wir über das ganze Thema Lohnabstandsgebot sprechen, über die Frage „Lohnt sich Arbeiten in Deutschland?“ und „Wie ist unser Sozialstaat aufgebaut?“, dann reichen solche Vergleiche eben nicht. Sie können keinen Single in einer Tätigkeit mit einer vierköpfigen Familie im Sozialbezug vergleichen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das hat doch die „Bild“-Zeitung gemacht und nicht die Kollegin!)
Wir wissen darüber hinaus nicht – das, lieber Herr Birkwald, ist mir persönlich immer sehr, sehr wichtig –, um wen es genau geht. Sagen Sie: Sind es Menschen in Vollzeit oder in Teilzeit? Sind es Menschen, die eine Berufsausbildung haben? Welche Berufsbiografie haben diese Menschen? Waren sie möglicherweise vorher arbeitslos? Was haben sie im Vorfeld gemacht? Und vor allen Dingen: Sind es Angestellte oder sind es Soloselbstständige? Bei Soloselbstständigen gibt es keinen Mindestlohn und keine Lohnuntergrenze. All diese Dinge, die zur fachlichen und sachlichen Klarheit in einer solchen Debatte beitragen würden, fehlen leider. Das nutzen Sie ganz bewusst, um die Stimmung in diesem Land weiter anzuheizen, um die linken und die rechten Ränder weiter zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den rechten Rand bestimmt nicht!)
Meine Damen und Herren, das finde ich nicht verantwortlich, wenn wir über den sozialen Standard in diesem Land sprechen.
Meine Meinung, unsere Auffassung ist: Wenn es um den Mindestlohn und um die Aufgaben der Mindestlohnkommission im Besonderen geht, brauchen wir Maß und Mitte. Die Folgen der Mindestlohneinführung können mitunter langfristig sein. Das ist zum heutigen Zeitpunkt noch gar nicht genau absehbar. Wir haben Branchen in diesem Land, die unglaublich lohnintensiv sind. Dort ist im Prinzip zum heutigen Tag noch gar nicht absehbar: Wie entwickelt sich die Steigerung des Mindestlohns in den Personalkosten der jeweiligen Unternehmen? Ich bin da mit meiner Prognose etwas zurückhaltend.
Dann müssen wir auch zur Kenntnis nehmen: Durch die Einführung des Mindestlohnes stiegen natürlich nicht nur die Einkommen der unteren Beschäftigtengruppen. Es stiegen die Einkommen im gesamten Unternehmen. Die Personalkosten des gesamten Unternehmens nahmen zu, weil natürlich die höheren Einkommensklassen ihren Lohnabstand gewahrt wissen wollen. Auch das gehört zum Effekt des Mindestlohns.
Letztendlich ist der Mindestlohn ein Instrument – das muss man immer wieder bewerten – vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regulierung in Deutschland insgesamt. Ich bin ein Freund von weniger Regulierung. Da sollten wir gerade beim Mindestlohn anfangen und die Regularien, die wir uns gegeben haben, beibehalten und hier nicht unnötig den Bogen überspannen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich möchte zu mehreren Behauptungen kommen – da muss ich aufräumen –, die die Grünen in ihren Anträgen aufgestellt haben, zum Beispiel der, dass der Mindestlohn das Tarifvertragssystem in Deutschland stärken würde. – Entschuldigung, das ist blanker Unsinn; denn die Mehrzahl unserer Tarifverträge in Deutschland liegt bereits jenseits des Mindestlohns.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, hier davon zu sprechen, dass es einen Mindestlohn braucht, um das tarifliche Lohngefüge zu stärken, ist ein Märchen, das es in der Tat nicht braucht.
Auch haben Sie gesagt: Wir müssen die Satzung der Mindestlohnkommission ändern, was in der Folge vor Armut schützen und vor allen Dingen den Zusammenhalt in der Gesellschaft insgesamt stärken würde. – Das würde bedeuten, der Mindestlohn würde zu einem politischen Spielball. Das können wir nicht wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich hatte es eingangs gesagt: Die Löhne und die Renten in Deutschland steigen. Diesem Land geht es wirtschaftlich noch immer gut. Daran sollten wir uns festhalten. Daran sollten wir weiterhin arbeiten.
Wenn es um die Niedriglohnbezieher in diesem Land geht, sollten wir vor allen Dingen auch darüber reden, wie wir ihren beruflichen, wie wir ihren sozialen Aufstieg in den Betrieben stärken und nicht mit staatlicher Regulierung die Situation verschlimmern.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296744 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Gesetzlicher Mindestlohn |