06.03.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 150 / Tagesordnungspunkt 24

Timon GremmelsSPD - Reduzierung von Bauvorschriften

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kommen wir zu den heute vorliegenden Anträgen der AfD.

Eine erste AfD-Forderung ist der Verzicht auf die Vorlage eines Gebäudeenergiegesetzes durch die Bundesregierung. Sie stellen den Antrag am 28. Februar 2020. Die Bundesregierung hat das Gebäudeenergiegesetz bereits am 23. Oktober 2019 vorgelegt. Juristisch gesehen würde man einen Haken daran machen. Ihr Antrag erfüllt nicht einmal die formelle Rechtmäßigkeit, weil dem Bundestag längst vorliegt, was Sie einstellen wollen.

Aber selbst wenn wir darüber hinwegsehen, dass Sie noch nicht einmal in der Lage sind, formell ordentliche Anträge vorzulegen: Gucken wir doch mal, was Ihr Antrag materiell bedeutet; das ist aus meiner Sicht sehr viel schlimmer. Sie monieren den Anstieg der Zahl der Bauvorschriften. Das ist doch Quatsch. Die Zusammenführung von Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und Energieeinsparverordnung hat doch gerade zum Ziel, eine Vereinfachung und Entbürokratisierung vorzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir führen zusammen, was zusammengehört. Insofern liegen Sie mit Ihrem Antrag auch inhaltlich falsch.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite AfD-Forderung ist die Aussetzung der EnEV. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass speziell die Vorschriften der Energieeinsparverordnung in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verteuerung der Baukosten geführt haben. Sie verweisen dann auf die Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e. V. München. Ich habe mir die Mühe gemacht und in die Studie geguckt. Unter Punkt 3, Zusammenfassung, steht – ich zitiere –:

Anstatt Kostensteigerungen mit energetischen Anforderungen zu begründen, sollten die wahren Kostensteigerungen beleuchtet werden, als da wären: gestiegene Grundstückskosten … gestiegene Lohnkosten …

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die Hauptgründe für die Kostensteigerungen und nicht etwa die EnEV. Weiter, auch zum Nachlesen in dieser Studie, heißt es:

Die Aussetzung der EnEV würde … zu deutlich höheren finanziellen Belastungen der Kommunen und Mieter führen.

Sie haben also falsch zitiert. Gucken Sie in die Studie. Das steht auf den Seiten 12 und 13. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie schreiben. Entweder können Sie keine Studien lesen, oder Sie wollen bewusst Leute in die Irre führen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU] und Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie verdrehen die Aussagen der Studien genau ins Gegenteil. Jetzt weiß ich endlich, wie Sie darauf kommen, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gibt. Sie können die Studien der Wissenschaftler nicht ordentlich lesen. Sie verdrehen alles ins Gegenteil. Das ist unredlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vorliegende Antrag ist formal und auch fachlich schlecht gemacht. Das ist ganz klar.

Kommen wir zum Mythos der Kostensteigerung durch Energieeffizienz. Die EnEV, einschließlich der Anhebung der Standards 2016, ist gerade mal für 3 Prozent der Gestehungskosten eines Mehrfamilienhauses zuständig. Hier ist die Quelle das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden. Es bezieht sich in einer Studie auf genau das Gutachten, das Sie zitiert haben. Niemand kann sagen, dass energetische Anforderungen zu teurem Wohnraum führen. 3 Prozent sind eine absolut vernachlässigbare Größenordnung. Die EnEV trägt nicht die Verantwortung für Kostensteigerungen. Man muss Ihnen an dieser Stelle deutlich sagen: Sie arbeiten völlig unsauber.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] und Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE])

Ja, wir müssen darauf achten, dass die Baukosten nicht steigen. In diesem Zusammenhang gibt es andere Stellschrauben, an denen wir schon sehr erfolgreich drehen. Man muss auch betonen, dass Baukosten nicht gleich Wohnkosten sind. Wir als SPD haben in dieser Bundesregierung schon viel in Sachen Schutz vor hohen Mieten und vor hohen Baukosten auf den Weg gebracht. Ich will einige Maßnahmen nennen: Wir haben den sozialen Wohnungsbau gestärkt. Wir haben dafür gesorgt, dass es kein Herausmodernisieren gibt, indem wir die Modernisierungsumlage von 11 Prozent auf 8 Prozent gesenkt haben. Wir haben die Mietpreisbremse verankert. Wir geben Milliarden für den sozialen Wohnungsbau aus. Wir haben die Erhöhung des Wohngeldes umgesetzt. Wir haben die Absenkung der EEG-Umlage um 2 Cent pro Kilowattstunde auf den Weg gebracht. Wir haben das Baukindergeld eingeführt. Wir haben in dieser Wahlperiode vor, den Mieterstrom umzusetzen, damit Menschen von diesem preiswerten Strom profitieren können.

Die Bundesregierung handelt. Die AfD kann keine Studien lesen. Verschonen Sie uns in Zukunft mit solchen handwerklich und inhaltlich schlecht gemachten Anträgen.

Glück auf!

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Christian Kühn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7432488
Wahlperiode 19
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Reduzierung von Bauvorschriften
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