Klaus MindrupSPD - Nachhaltig leben und konsumieren
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer über Nachhaltigkeit redet, muss auch über Gro Harlem Brundtland und die von ihr geleitete Kommission sprechen. Sie hat im Jahr 1987 einen wichtigen Bericht herausgegeben, und der Titel sagt bereits, worum es im Kern geht. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft und natürlich um die Zukunft der kommenden Generationen. Eines muss man hier auch klar sagen: Gro Harlem Brundtland ist eine große Sozialdemokratin. Sie hat eng mit Willy Brandt zusammengearbeitet, der sich bereits damals den wichtigen globalen Fragen unseres Zusammenlebens gestellt hat. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben das Thema der Nachhaltigkeit also seit Jahrzehnten im Blick.
(Beifall bei der SPD)
Gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung, weil ich gerade Willy Brandt erwähnt habe. Ohne die Politik von Willy Brandt und die damals erste sozialliberale Reformkoalition hätte ich nicht Abitur machen können; denn damals hat man sich entschieden, die Gesellschaft zu öffnen und Menschen wie mich, Menschen aus armen Familien durch das Schüler-BAföG und das BAföG stärker zu fördern. Ansonsten hätte ich nicht studieren können und würde wahrscheinlich nicht hier stehen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Abitur ist aber nicht alles!)
– Da gebe ich Ihnen recht; ich will Ihnen gar nicht widersprechen. Wir haben auch viele gute Handwerkerinnen und Handwerker in der Familie.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber zurück ins Hier und Jetzt. Wir leben in einer neuen geochronologischen Epoche, dem Anthropozän. Der Mensch beeinflusst die atmosphärischen, biologischen und geologischen Prozesse auf der Erde in einer nie dagewesenen Art und Weise. Es sind vier Krisen, die die Menschheit bedrohen – vier Krisen, wie die vier apokalyptischen Reiter –: erstens der dramatische Verlust von Arten- und Lebensgemeinschaften weltweit, zweitens die Belastung der Umwelt durch nicht oder nur schwer abbaubare, sogenannte persistente Stoffe, von Pestiziden über Plastik im Meer bis hin zum Atommüll – das sage ich bewusst in die rechte Richtung –, drittens die nukleare Aufrüstung und die Gefahr nuklearer Kriege und viertens die Klimakrise, der menschengemachte Klimawandel. Es gilt weiterhin: Klimaschutz ist nicht alles, aber ohne Klimaschutz ist alles andere nichts.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben im letzten Jahr ein wichtiges Gesetz verabschiedet, das Klimaschutzgesetz. Das war eine wirklich große Leistung. Ich habe aber den Eindruck, dass dieses Gesetz wie auch der dahinterstehende Paris-Vertrag von vielen nicht richtig verstanden wird. Wir haben – das geschah ganz klar auf Druck der SPD – das Ziel der Klimaneutralität im Gesetz verankert. Vorher galt der Klimaschutzplan der Bundesregierung. Da war das Ziel eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent. Viele haben damals gedacht: Die 20 Prozent Differenz zu 100 Prozent sind für uns – die Sektoren Industrie, Bau, Verkehr und andere. – Der nicht vorhandene Kuchen wurde mehrfach aufgeteilt. Seitdem es das Klimaschutzgesetz gibt, ist klar: Das gibt es nicht mehr. Die fossile Welt geht ihrem Ende entgegen, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der SPD)
Dies ist eine weltweite Entwicklung. Die, die jetzt nicht vorne dabei sind, handeln nicht nur unethisch, sie werden auch ökonomisch verlieren; denn die Zukunft gehört den klimafreundlichen Technologien.
(Beifall bei der SPD)
Das Klimaschutzgesetz stellt weiterhin eine Kopplung mit den Klimazielen der EU her. Auch die Europäische Union ist Vertragspartner des Abkommens von Paris. Alle fünf Jahre müssen nach dem Paris-Abkommen die Ziele überprüft werden, und wir müssen schauen: Passt das Tempo der Zielerreichung zu unseren Klimaschutzzielen, zum 2-Grad-Ziel bzw. zum 1,5-Grad-Ziel? Ich begrüße ausdrücklich – auch unsere Umweltministerin Svenja Schulze hat das getan –, dass die EU jetzt den Weg in Richtung einer Verschärfung des Klimaschutzes geht. Das ist notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt brauchen wir eine Diskussion über das Wie und nicht über das Ob.
Damit komme ich zurück zu unserem Koalitionsantrag „Innovativ, zukunftssicher und nachhaltig – Vorbild Bund – Das Bauen von Morgen heute fördern“. Wir zeigen in diesem Antrag auf, dass man mit ganzheitlichen Ansätzen wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele besser erreichen kann. Ein Schlüssel ist das Bauen mit Holz, eingebettet in die gesamte Wertschöpfungskette, angefangen bei der naturnahen Forstwirtschaft über die Verarbeitung und den Bau bis zur späteren Wiederverwertung. Dies schafft notwendigen Wohn- und Arbeitsraum, generiert Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze vor allem im Mittelstand. Und jetzt kommt das Besondere: Durch das Bauen mit Holz wird das Bauen von einer CO
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])
Damit verteufeln wir nicht die anderen Baumaterialien. Es kommt weiterhin auf eine intelligente Kombination an; aber natürlich geht es auch um die Defossilisierung der Grundstoffindustrie. Wir schaffen durch eine stärkere Betrachtung des Verursacherprinzips eine echte Kreislaufwirtschaft, ermöglichen den Schutz unserer Kulturlandschaften, unserer Böden und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor allem mit der Gewinnung elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien schaffen wir eine lohnenswerte Zukunft, für die man streiten kann. Ich sage Ihnen auch: Wir können in Deutschland sogar klimapositiv werden. Wir brauchen solche Innovationen, um die apokalyptischen Reiter zu vertreiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit komme ich zurück zur EU. Die EU setzt – jetzt ist der Bundeswirtschaftsminister leider nicht da – auf die Kraft der Bürgerinnen und Bürger, auf die Energiewende von unten, auf die sogenannten Prosumer. Ich gehöre als Genossenschaftler auch dazu. Wir haben eine PV-Anlage auf dem Dach und ein Blockheizkraftwerk im Keller. Diese Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher ist beschlossenes EU-Recht, und ich fordere den Bundeswirtschaftsminister auf, EU-Recht umzusetzen, gerade jetzt, wo wir die EU-Ratspräsidentschaft innehaben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen die Zweiklassengesellschaft bei der Nutzung der Photovoltaik beenden. Die solare Revolution muss auch in die Quartiere mit den Mietwohnungen einziehen; das ist total entscheidend.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben mit den Wirtschaftspolitikern – Timon Gremmels sehe ich da sitzen – Vorschläge für den Mieterstrom vorgelegt, die umsetzbar sind und dazu führen, dass wir sozial und ökologisch vorangehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das gilt auch für viele kleine und mittlere Unternehmen. Viele Menschen in diesem Land wollen ihren Beitrag leisten. Geben wir ihnen die Möglichkeit dazu! Dabei werden das Quartier und das Dorf immer wichtiger. Es geht nicht um wenige Einzelprojekte, sondern darum, dass wir eine Breitenwirkung erzielen. Da sind die Kommunen wichtig, da sind die Stadt- und Gemeindewerke wichtig. Sie sind unsere natürlichen Partner für die nachhaltige Stadtentwicklung und den Klimaschutz. Lassen Sie uns mit den Kommunen zusammenarbeiten, lassen Sie uns mit den Genossenschaften zusammenarbeiten, lassen Sie uns an einer guten gemeinsamen Zukunft arbeiten!
Danke schön.
(Beifall bei der SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Frank Magnitz für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7470564 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Nachhaltig leben und konsumieren |