25.02.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 212 / Zusatzpunkt 4

Olaf Scholz - Eigenmittelbeschluss- Ratifizierungsgesetz

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Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Die Europäische Union steht vor einer Weggabelung. Wir haben einen gemeinsamen Markt und eine gemeinsame Währung geschaffen. Beides hat uns dabei geholfen, gut durch die Krisen zu kommen, die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten erlebt haben. Und jetzt müssen wir entscheiden, wie es weitergehen soll. Denn eine starke Europäische Union ist das, was wir brauchen, um auch gegen die gegenwärtige Krise anzugehen, und wo wir gemeinsam handeln müssen. Eine starke Europäische Union ist für uns das wichtigste nationale Anliegen, das Deutschland hat.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Coronakrise zeigt auch: Wir können nur gemeinsam handeln und nur gemeinsam erfolgreich sein. Deshalb ist der Eigenmittelbeschluss, um den es heute hier geht, und das, was damit verbunden ist, ein ganz wichtiger Schritt nach vorne: weil er ein Zeichen dafür ist, dass Europa in der Lage ist, gemeinsam zu handeln.

Was noch wichtiger ist: Wir sind in dieser Situation auch auf dem richtigen Weg; denn wir vollenden etwas, was uns über viele, viele Jahre als Problem erschienen ist. Immer wieder, wenn über Europa – den gemeinsamen Markt, die gemeinsame Währung – diskutiert worden ist, ist es so gewesen, dass wir in diesen Situationen beklagt haben, dass es keine Fiskalunion gibt und Europa gewissermaßen in dieser Hinsicht unvollendet ist. Jetzt, in dieser Krise, sind wir den Schritt gegangen, den wir gehen müssen, um in eine Fiskalunion hineinkommen zu können.

(Beatrix von Storch [AfD]: Katastrophe!)

Das ist mit diesen Beschlüssen, um die es heute geht, auch verbunden.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn das muss man so verstehen: Wir werden, um eine starke Antwort auf die Krise geben zu können, jetzt als Union Kredite aufnehmen. Wir werden – auch das gehört dazu – diese Kredite einsetzen, um den Staaten Europas zu helfen, durch die Krise zu kommen. Das bedeutet, dass wir jetzt finanzieren, was notwendig ist, zum Beispiel einen Wiederaufbau in den verschiedenen Ländern Europas, und zwar ganz besonders dort, wo das besonders notwendig ist. Das ist europäische Solidarität, und die wird mit diesen Beschlüssen auch organisiert.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Entscheidungen, die wir hier treffen, gehört im Übrigen auch, dass wir eine klare Perspektive für den Wiederaufbau haben. Wir sagen ganz klar: Es ist notwendig, dass wir etwas für Investitionen in die Zukunft tun, in die Digitalisierung, in das Aufhalten des Klimawandels, in all die Dinge, die notwendig sind, damit Europa vorankommt. Das heißt, es wird nicht nur diese Krise bekämpft, sondern es werden auch die Grundlagen für eine bessere Zukunft in Europa gelegt.

(Beifall bei der SPD)

Wie sehr das wirkt, was wir hier gemeinsam auf den Weg bringen, kann man ganz konkret an der Frage sehen, wie sehr die Staaten Europas in der Lage sind, ihre Aufgaben jetzt zu finanzieren. Erinnern wir uns: Es hat große Probleme gegeben, die Staatsfinanzierung im Rahmen der letzten großen Krise zu organisieren, die auf den Zusammenbruch von Lehman Brothers gefolgt ist, woran sich die Staatsschuldenkrise in Europa anknüpfte. – Aber jetzt gibt es keine ernsthaften Schwierigkeiten – trotz der hohen Schulden, die gemacht werden, und der hohen Schuldenstände mancher Mitgliedstaaten –, diese Aufgaben zu finanzieren. Das ist das Ergebnis gemeinsamen europäischen Handelns und europäischer Solidarität.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wären wir nicht gemeinsam unterwegs, würde das heute anders sein.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist Europa in dieser Krise auch mehr zusammengewachsen. Ich will sagen: Das gilt auch dann, wenn man in einer solchen Situation Kritik äußert. Wir haben zum Beispiel gesagt: Es ist nicht richtig gewesen, dass nicht mit der nötigen Energie und Forschheit gehandelt worden ist, um ausreichend Impfstoffe für Europa zu beschaffen. – Aber das spricht dafür, dass wir alles dafür tun, dass wir europäische Institutionen haben, die die Kraft haben, schnell und zügig zu handeln. Es spricht nicht gegen Europa,

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Was für ein Quatsch!)

sondern es spricht dafür, Europa stark zu machen. Das tun wir mit den Beschlüssen, um die es heute geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir also jetzt diesen Weg gehen, dann gehört eben dazu, nicht nur Kredite aufzunehmen, sondern sie auch zurückzuzahlen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Genau! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Und die Schuldenbremse einzuhalten! – Norbert Kleinwächter [AfD]: Das müssen aber unsere Enkel und Urenkel!)

Diese Kredite zurückzuzahlen, bedeutet auch, im Rahmen dieser Periode des Mehrjährigen Finanzrahmens Europas die nächste Entscheidung zu treffen, die mit diesen Eigenmittelbeschlüssen verbunden ist, nämlich dafür zu sorgen, dass es zur Finanzierung auch europäische Einnahmen gibt, die dazu geeignet sind, „own resources“, wie es formuliert ist – das steht in all den Entscheidungen Europas dabei –, ob es nun um Einnahmen aus dem Klimahandel geht, ob es um Einnahmen geht, die etwas mit Grenzausgleichsmechanismen zu tun haben, etwa was Klimafragen betrifft, oder ob es darum geht, dass wir über Finanztransaktionen und ihre Besteuerung

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: In diesem Jahrhundert noch?)

oder über die bessere Besteuerung der digitalen Konzerne sprechen. Alles das sind Entscheidungen, die mit dem, was wir heute hier verhandeln, zu tun haben. Es ist der Weg in die Fiskalunion, und es ist ein guter Weg für Europas Zukunft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Also, darüber wird noch zu sprechen sein! Ich fürchte, da hat er was falsch verstanden! – Gegenruf des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP]: Nee, ich befürchte, er hat es genau richtig verstanden!)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Peter Boehringer, AfD.

(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ganz ruhig bleiben!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7504332
Wahlperiode 19
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Eigenmittelbeschluss- Ratifizierungsgesetz
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