Oliver KaczmarekSPD - Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das BAföG ist Teil des Aufstiegsversprechens für viele von uns gewesen, auch für mich selbst. Das Problem ist aber, dass es für viele Studierende, viele Auszubildende in der gelebten Realität nicht mehr erfahrbar ist. Deswegen müssen wir es wieder zum Teil des Aufstiegsversprechens machen. Dazu wird heute der erste Schritt getan, und der ist richtig und wichtig so.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wissen: Zu viele Studierende und Auszubildende haben zu wenig Geld. Wir wissen das aus den Erhebungen, die wir im Rahmen der Überbrückungshilfe für Studierende in der Pandemie gemacht haben. Viele Anträge konnten nicht bewilligt werden – nicht weil die Menschen nicht arm waren, sondern weil sie schon vor der Pandemie arm waren. Wenn man sich das vor Augen führt, gibt es doch nur eine Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann: Wir müssen das BAföG für mehr Menschen ermöglichen; denn das BAföG unterstützt sie bei ihrer Ausbildung. Deshalb ist unser Ziel mit diesem Gesetz nicht nur mehr BAföG, sondern vor allen Dingen mehr BAföG für viel mehr Menschen, die an den Hochschulen oder in der Ausbildung sind.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
„Mehr BAföG“, das heißt für uns: Der Höchstsatz steigt jetzt um mehr als 7 Prozent auf 931 Euro. Das ist noch nicht das Ende aller Bemühungen in dieser Wahlperiode,
(Zuruf von der SPD: Genau!)
aber das ist auch nicht nichts. Vor allen Dingen: Die Fixierung auf die Bedarfssätze führt dann in die Irre, wenn nicht gleichzeitig die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Menschen diese Bedarfssätze dann auch in Anspruch nehmen können. Deswegen heißt für uns „mehr Menschen in BAföG“ – das ist ein wesentlicher Kern dieses Gesetzes neben vielen anderen Bestandteilen –: Freibeträge um 20 Prozent rauf. Das ist ein mutiger Schritt, damit das BAföG auch besser gegen Armut schützen kann und es mehr Menschen in Anspruch nehmen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ria Schröder [FDP])
Ich muss an dieser Stelle sagen: Ja, das hätten wir schon längst tun können, und das hätten wir vielleicht schon längst tun müssen. Ich wundere mich ein bisschen – bei aller Wertschätzung, Frau Staffler und Frau Grütters – über Ihre Reden aus der Union. Jeder hier im Saal weiß, dass wir die Gelegenheit schon in der letzten Wahlperiode gehabt hätten. Aber Sie haben sehenden Auges bei sinkenden Gefördertenzahlen dazu beigetragen, dass die Freibetragsanpassung, die wir als SPD in der Koalition mehrfach angeboten haben, nicht angegangen worden ist. Sie haben verhindert, dass wir mit mutigen Schritten die Trendwende schon in der letzten Wahlperiode einleiten konnten, weil Sie das BAföG nicht mehr angefasst haben. Deswegen sind Ihre Reden hier entweder vergesslich oder schlicht bigott.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen, dass wir beim BAföG endlich wieder die Kurve kriegen, dass die Zahlen beim BAföG endlich wieder nach oben gehen. Darauf können sich die Studierenden und Auszubildenden verlassen. Wir werden das Gesetz gegebenenfalls, wenn wir sehen, dass wir nachjustieren müssen, auch noch einmal in die Hand nehmen und nicht sozusagen einsperren, wie es in der letzten Wahlperiode geschehen ist, als man es nicht mehr in die Hand genommen hat. Wir wollen auch, dass das transparent geschieht. Deswegen wird übrigens auch kein BAföG-Bericht verschoben; das hat es hier schon gegeben.
Meine Damen und Herren, Studierende und Azubis, Auszubildende, haben in der Pandemie viel Solidarität gezeigt. Sie haben einen Beitrag dazu geleistet, dass wir die Pandemie überwunden haben oder vielleicht überwinden werden. Aber ihre Ansprüche haben sich oft nicht wiedergefunden. Deswegen ist es jetzt angesichts steigender Energiepreise, angesichts steigender Lebenshaltungskosten umso wichtiger, dass wir die Lage und die Belange von Studierenden und Auszubildenden nicht nur sehen, sondern sie auch konkret unterstützen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen, dass wir ein umfangreiches Paket zur Entlastung von Studierenden und Auszubildenden auf den Weg gebracht haben. Ich will das kurz darstellen.
Heute gehen wir den ersten Schritt mit der Erhöhung des BAföG und der Ausweitung des Bezugs auf viel mehr Menschen.
Zweitens. Studierende und Auszubildende, die BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe bekommen, teilweise auch Aufstiegs-BAföG, bekommen einen Heizkostenzuschuss von 230 Euro. Das haben wir hier schon beschlossen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Wir bringen in dieser Woche das 9‑Euro-Ticket auf den Weg. Das wird dazu führen, dass die Studierenden, die eingeschrieben sind und ein Semesterticket haben, bei ihrem nächsten Semesterbeitrag eine deutliche Reduzierung ihrer Mobilitätskosten erfahren werden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Viertens. Es ist nicht richtig, was Frau Grütters gerade gesagt hat: dass die Studierenden nicht vom Entlastungspaket profitieren. Denn auch Minijobber werden die Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten, das heißt auch Studierende mit Minijob. Wir wissen, dass fast drei Viertel aller Studierenden Nebentätigkeiten nachgehen.
Ich behaupte nicht, dass damit alles gelöst ist, aber ich kann sehr selbstbewusst sagen: Das sind echte und wirksame Entlastungen für Auszubildende und Studierende. Wir als Koalition haben die junge Generation im Blick.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ein letzter Satz noch. Wir möchten, dass auch die Geflüchteten aus der Ukraine BAföG erhalten können. Ich war erschüttert, als ich im Ausschuss festgestellt habe, dass die Union diesen Schritt nicht mitgehen will. Ich glaube, bei der ganzen Wortgewaltigkeit, die Sie bei dieser Frage ansonsten an den Tag legen, sollten Sie sich einen Ruck geben. Ukrainische Studierende haben, da sie ihr Land verlassen mussten, das Recht, hier ihre Ausbildung fortzusetzen und auch BAföG dafür zu erhalten. Geben Sie sich einen Ruck. Das ist eine wichtige Maßnahme. Es gibt überhaupt keinen Grund, dagegen zu sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Kollegin Nina Stahr hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536045 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes |