Fabian FunkeSPD - Harmonisierung der Sanktionsdurchsetzung in der EU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Was hinter diesem – zugegebenermaßen – etwas verwaltungsdeutsch und kompliziert klingenden Tagesordnungspunkt steht, ist ein weiteres wichtiges Signal der Unterstützung der Ukraine gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen Föderation.
Die letzten Monate haben gezeigt, dass wir als Europäische Union gemeinsam stark sein können, wenn wir geschlossen agieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das haben wir bei der politischen Unterstützung der Ukraine gesehen. Das haben wir bei der materiellen Unterstützung der Ukraine gesehen. Und das haben wir auch immer bei den Sanktionen gesehen – auch wenn es manchmal schwer war, Einigkeit unter den Mitgliedstaaten herzustellen, weil die Gegebenheiten und Abhängigkeiten so unterschiedlich sind.
Hier in Deutschland haben wir mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz bereits national die Voraussetzungen geschaffen, Verstöße gegen die Sanktionen entsprechend zu ahnden. Mit der Änderung des Artikels 83 AEUV schaffen wir sie auch europäisch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Doch was genau verbirgt sich dahinter? Mit der Befähigung der Bundesregierung zur Zustimmung der Änderung des Artikels 83 Absatz 1 AEUV im Europäischen Rat fügen wir dem Katalog grenzüberschreitender europäischer einheitlicher Bekämpfung von Kriminalität einen neuen Kriminalitätsbereich hinzu: Verstöße gegen die EU-Sanktionsbeschlüsse. Dieser Schritt ermöglicht uns, gemeinsame europäische Mindeststandards für die Strafen bei Verstößen gegen die Sanktionen festzulegen. Wir werden Schluss machen mit den Dutzenden unterschiedlicher, nationalstaatlich organisierter Sanktionsregime. Wir legen das Fundament dafür, dass künftig Sanktionsbeschlüsse das Ende und nicht der Anfang von Umsetzungsdebatten sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir machen dem russischen Regime deutlich: Hier handeln 27 Staaten von der Atlantikküste bis zur ukrainischen Grenze als Einheit.
Die Sanktionsverstöße in den Katalog aufzunehmen, ist im Übrigen auch ein mustergültiges Beispiel für die Anwendung des Artikels 83; denn sie erfüllen die beiden ausschlaggebenden Kriterien dafür außerordentlich: Sie repräsentieren einen besonders schweren Kriminalitätsbereich und haben eine grenzüberschreitende Dimension. Denn welches Verbrechen könnte schwerer wiegen als Handlungen gegen unsere gemeinsamen Bemühungen, Frieden und Freiheit in Europa wiederherzustellen? Und welcher Tatbestand könnte grenzüberschreitender sein, als beispielsweise mit Verstößen gegen die Finanzsanktionen hier bei uns die Kriegsmaschinerie in Russland zu finanzieren?
Die besondere Notwendigkeit, diese Kriminalität auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, ist offensichtlich. Aber scheinbar nicht offensichtlich genug. Denn abgesehen von der Opposition ganz rechts hier im Plenum und leider Gottes auch Teilen der Opposition ganz links im Plenum, auf die ich eigentlich gar nicht weiter eingehen möchte, weil es nichts bringt, gibt es derzeit immer noch eine laute Stimme aus der Mitte dieses Parteienspektrums, die es auch nach sieben Monaten an Gräueltaten immer noch nicht verstanden hat und anders sieht.
Gerade als Abgeordneter aus Sachsen ist es mir deshalb besonders wichtig, noch mal grundsätzlich ein paar Worte zu den Sanktionen und ihrer Wichtigkeit zu verlieren. Russland führt seit sieben Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die russische Armee begeht systematisch Kriegsverbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung. Russland finanziert seit Jahren in Europa rechtsradikale Bewegungen, Parteien und Kandidaten. Russland arbeitet aktiv an der Destabilisierung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch massive Desinformationskampagnen. Die europäischen Sanktionen sind unsere Reaktion darauf.
Die hohen Gaspreise, die blockierten Lebensmittellieferungen, die versiegelten Pipelines – das sind alles Druckmittel der russischen Regierung, mit der sie nur eins erreichen will: dass wir ihr alles durchgehen lassen, dass wir nicht mal den Versuch unternehmen, unsere Demokratie zu verteidigen. Doch darauf lassen wir uns nicht ein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Energiekrise, die Preiserhöhungen, die gestörten Lieferketten – das alles ist die Konsequenz des russischen Handelns und nicht die Konsequenz unserer Reaktionen darauf. Wir reagieren mit Entlastungspaketen und der Gaspreisbremse, um die Folgen für unsere Bevölkerung abzufedern.
Liebe CDU/CSU, ich bedanke mich bei Ihnen ausdrücklich für die konstruktive Zusammenarbeit im Bereich der Ukrainehilfe und auch für die Unterstützung dieser Beschlussempfehlung – sowohl bei der Anhörung am Montag als auch im Ausschuss. Aber erklären Sie mir bitte, wieso ein amtierender christdemokratischer Ministerpräsident und stellvertretender Parteivorsitzender die Sanktionen mittlerweile nahezu täglich und ausgiebig in Interviews und öffentlichen Auftritten infrage stellt – mit dem Duktus, dass man nur mal richtig Diplomatie betreiben müsse, und dann werde alles wieder in Ordnung sein. Das ist naiv und falsch.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Das schwächt die deutsche Position in Europa. Das schwächt die europäische Position gegenüber Russland. Und das sorgt dafür, dass sich Putin nachts im Kreml ins Fäustchen lacht.
Auch die schlimmen Äußerungen Ihres Fraktions- und Parteivorsitzenden Friedrich Merz in dieser Woche, die ich, ehrlich gesagt, von der AfD erwartet hätte, aber nicht von Ihnen, haben das nicht besser gemacht. Gerade in Ostdeutschland wissen wir, was Autokratie und Fremdbestimmung aus Moskau bedeuten. Die Stasi, Enteignung und fehlende Grundrechte – das alles kam aus dem Handbuch Moskaus. Ich erwarte von einem sächsischen Ministerpräsidenten – erst recht, wenn er offenkundig für ganz Ostdeutschland sprechen möchte –, dass er in dieser aktuellen Lage Solidarität mit unseren zentral- und osteuropäischen Partnern zeigt, mit denen wir so viel mehr historische Gemeinsamkeiten teilen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich freue mich, dass seine und Ihre Parteifreundin, Kommissionspräsidentin von der Leyen, gestern das nächste Sanktionspaket vorgelegt hat. Und ich habe großes Vertrauen in die Bundesregierung, dass wir die Bürgerinnen und Bürger im kommenden Winter weiter von den Effekten der Politik Putins entlasten werden und sie auch gut durch diesen Winter bringen werden. Wir schaffen das nur gemeinsam in Europa.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur Änderung von § 34 Infektionsschutzgesetz, die auch Teil dieses Tagesordnungspunktes ist. Mit diesem Änderungsantrag kommen wir der breit getragenen Bitte der Bundesländer nach, die Testpflicht für Schulkinder nach einer Coronainfektion zu streichen. Mit der Aufnahme in diesen Gesetzentwurf stellen wir auch sicher, dass die Änderung pünktlich die Bundesratssitzung am 7. Oktober 2022 erreicht; und das ist gut so.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt erhält das Wort der Abgeordnete Fabian Jacobi für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546538 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Harmonisierung der Sanktionsdurchsetzung in der EU |