Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Bundesweiter Mietenstopp, Kündigungsschutz
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne eine Sache an den Anfang stellen. Wir leben in einer wirklich krisenhaften Zuspitzung. Viele Menschen haben existenzielle Angst, dass sie sich ihre Miete nicht mehr leisten können. Deswegen ist es natürlich absolut richtig, dass wir hier im Deutschen Bundestag diese Sorgen, diese Nöte aufnehmen, dass wir uns darum kümmern und versuchen, den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Ich finde aber, wir müssen das schon seriös machen und vor allen Dingen auch konsequent in unseren Argumentationen sein.
Frau Kollegin von der SPD, Sie haben gerade gesagt: Es sind nicht allein die steigenden Kaltmieten, die die Menschen momentan belasten, sondern es sind vor allen Dingen die sprunghaft angestiegenen Energiekosten. Das ist die „zweite Miete“, wie man sie zu Recht nennt. Dann finde ich es aber schon etwas seltsam, dass Sie vonseiten der Ampel und speziell von der SPD nicht alles tun, damit die Nebenkosten eben nicht in diese Höhen steigen. Wir sind uns da auch völlig einig: Es geht um die Gas-, aber vor allen Dingen auch um die Stromkosten.
Jetzt haben wir ein sogenanntes Machtwort des Kanzlers gehört, das erst mal kraftvoll daherkommt, aber im Kern eigentlich nur bedeutet, dass ein einzelnes Atomkraftwerk ganze 15 Wochen weiterlaufen darf – 15 Wochen. Das trägt nicht dazu bei, dass die Versorgungssicherheit in unserem Land gesichert wird. Das trägt – mit Blick auf unser Thema – vor allen Dingen aber auch nicht dazu bei, dass wir die Stromkosten wirklich nachhaltig in den Griff bekommen.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was zum Mietenstopp! – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum reden Sie nicht zum Mietrecht?)
Wir haben doch Studien, die ganz deutlich zeigen: Wenn wir die Kernkraftwerke bis 2024 weiterlaufen lassen, dann würde der Strompreis um bis zu 12 Prozent reduziert werden. Das wäre eine wirkliche Entlastung.
(Zuruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dazu hat der Kanzler, dazu hat die Ampel aber nicht die Kraft gehabt. Deswegen ist es absolut widersprüchlich, was Sie sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir als Union sind sehr dafür, dass man den Menschen hilft.
(Kevin Kühnert [SPD]: Deswegen habt ihr ja heute den Rettungsschirm abgelehnt!)
Deswegen haben wir zum Beispiel beim Heizkostenzuschuss – darüber haben wir in dieser Woche im Plenum beraten – als Union zugestimmt. Es ist richtig, den Menschen ganz direkt und unmittelbar zu helfen.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Der Heizkostenzuschuss ist der erste Baustein für diese direkten Hilfen. Der zweite große Baustein wird die Wohlgeldreform sein, angekündigt als die größte Wohngeldreform seit Jahrzehnten.
(Beifall des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Klatschen Sie da mal nicht zu früh! Wir haben jetzt Mitte Oktober. Und wo sind wir denn in dieser Debatte?
(Anja Liebert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mittendrin!)
Wir haben einen Gesetzentwurf. Wir haben noch keine Anhörung dazu gemacht.
Wenn wir mit denjenigen sprechen, die es am Ende umsetzen müssen, nämlich den Kommunen, dann sagen die uns, sie seien im August dieses Jahres das erste Mal auf diese größte Reform angesprochen worden. Es ist überhaupt kein Personal vorhanden, es ist keine IT-Infrastruktur vorhanden, es sind keine Büros vorhanden, um den Menschen dieses Wohngeld am Ende zuteilwerden zu lassen. Was Sie machen, wird grandios scheitern. Ihre eigene Gaspreiskommission sagt: Das wird niemals zum 1. Januar in Kraft treten können, sodass das Geld dann bei den Menschen ankommt, sondern man braucht wahrscheinlich über viele Monate noch andere Maßnahmen. – Sie sind viel zu spät. Wir als Union haben bereits im März beantragt, dass wir das machen müssen. Sie müssen schneller sein. Sie müssen zügiger handeln. Und Sie müssen konsequenter handeln. All das fehlt Ihrer Politik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt will ich aber schon noch etwas zu den Anträgen der Linken sagen.
(Zuruf von der LINKEN: Wird auch Zeit!)
Sie haben hier ja ganz viele Dinge vorgeschlagen; aber im Wesentlichen schlagen Sie einen Mietenstopp für sechs Jahre vor.
(Zuruf der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Das ist meines Erachtens ein bisschen seltsam. Sie scheinen einen sehr pessimistischen Blick auf das zu haben, was gerade in der Ukraine passiert, dass Sie davon ausgehen, dass die krisenhafte Situation, dass dieser Angriffskrieg noch weitere sechs Jahre andauert.
(Zuruf der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Ich kann Ihnen nur raten: Vielleicht verändern Sie einfach mal Ihre Politik. Stimmen Sie dafür, dass man die Ukraine mit schweren Waffen unterstützt, und reden Sie vielleicht auch mal mit Ihrem Freund im Kreml, dem Putin!
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist aber billig!)
Vielleicht geht es dann ein bisschen schneller. Dann brauchen wir auch nicht sechs Jahre Mietenstopp, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Zur Sache. Was schlagen Sie in der Sache vor? Sie schlagen vor allen Dingen vor, dass der Mietenstopp auch ein Verbot von Modernisierungsmieterhöhungen beinhalten soll. Wir haben ja zwei große Krisen. Was wir nicht vergessen dürfen, ist, dass wir unsere Klimaschutzziele alle miteinander einhalten wollen. Und Sie selber haben einen entsprechenden Antrag auf Ihrem Bundesparteitag beschlossen: Die Sanierungsrate muss sich verdreifachen, und zwar mindestens verdreifachen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Ja!)
Das haben Sie auf Ihrem Bundesparteitag beschlossen. Und jetzt schlagen Sie uns hier im Plenum des Deutschen Bundestages vor, dass man Modernisierungsmieterhöhungen nicht mehr machen darf, was bedeuten würde, dass all das, was wir benötigen, um CO2 einzusparen, um den Bestand energetisch zu modernisieren, in keiner Weise mehr wirtschaftlich machbar ist. Das ist pure Ideologie, was Sie machen. Das ist widersprüchlich, und das kann nur abgelehnt werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lay von der Fraktion Die Linke?
Immer sehr gerne, Frau Lay. Sie wissen das.
Das verlängert auch Ihre Redezeit beachtlich.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Er redet auch sehr gut!)
Herr Kollege Luczak, ich freue mich wirklich ausgesprochen, dass Sie die Anträge unseres Bundesparteitages so intensiv studiert haben. Vielleicht kann man dabei auch noch was lernen.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wir hatten es gehofft!)
Ich will Sie eines fragen: Wir kennen uns schon sehr lange, und Sie verfolgen ja auch die Anträge, die wir hier im Bundestag stellen. Daher wissen Sie sicherlich auch, dass wir hier im Bundestag schon immer gesagt haben: Die Modernisierungsumlage ist das falsche Instrument, um den Gebäudebestand klimaneutral auszugestalten, weil die Mieterinnen und Mieter sie alleine zahlen. Die Modernisierungsumlage ist eine Einladung zu einer möglichst teuren und ineffektiven Sanierung, weil sie am Ende des Tages nichts anderes darstellt als eine Möglichkeit zur legalen Mieterhöhung jenseits von Mietenspiegel und Mietpreisbremse. Das ist die Lage. Stimmen Sie mir also zu, dass die Modernisierungsumlage das falsche Instrument ist? Was wir stattdessen brauchten, wäre eine angemessene und effektive öffentliche Förderung und eine gerechte Kostenverteilung, die dafür sorgt, dass die Mieterinnen und Mieter die Kosten für die Sanierung nicht alleine tragen.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Frau Kollegin Lay, was Ihre Anträge auf dem Bundesparteitag anbelangt: Die lese ich in der Tat zuweilen.
(Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Lernen tue ich dadurch meistens wenig. Aber ich kriege Kopfschmerzen davon, und das liegt vor allen Dingen an den Inhalten, die den sozialistischen Geist der vergangenen Jahrzehnte atmen. Damit kann ich herzlich wenig anfangen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das spiegelt sich aber auch in den Anträgen, die Sie hier eingebracht haben, wider.
Aber Sie haben mich gefragt, ob die Modernisierungsumlage das richtige oder das falsche Instrument ist. Ich bin sehr dafür, dass man die gewaltigen Aufgaben angesichts der Herausforderungen, die vor uns liegen, zum Beispiel, wenn es darum geht, den Gebäudebestand energetisch zu sanieren, damit wir unsere Klimaschutzziele auch wirklich erreichen, möglichst breit streut. Deswegen finde ich dieses Förderchaos, das die Ampel in einem Jahr betrieben hat – BEG, KfW-Förderung abschaffen, dann war die Förderung wieder da, um gleich wieder zu verschwinden; da ging es um den Neubau, aber das hängt ja alles miteinander zusammen –, falsch.
(Anja Liebert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Altmaier-Chaos, nicht das Ampelchaos!)
Wir brauchen eine klare und verlässliche Förderkulisse, damit es Investitionssicherheit und Planungssicherheit gibt.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Sonst kommen wir mit der energetischen Modernisierung nicht voran.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will an dieser Stelle noch etwas anderes sagen. Ich weiß nicht, ob Sie das auch auf dem Bundesparteitag beklagt haben. Ich habe aber von vielen Kolleginnen und Kollegen hier im Deutschen Bundestag gehört, dass sie beklagen, dass das Ziel der Ampel, 400 000 Wohnungen in diesem Jahr zu bauen – 100 000 davon sollen ja Sozialwohnungen sein –, nicht erreicht wird. Wir haben gesagt: Wir teilen dieses Ziel. Der Bedarf ist groß, er ist wahrscheinlich sogar noch höher. Dafür muss man dann aber auch die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Richtig!)
Jetzt will ich meine Zeit gar nicht darauf verwenden, zu sagen, was ich von dem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ halte, dessen Ergebnis aus meiner Sicht außerordentlich ernüchternd, um nicht zu sagen: enttäuschend ist, weil auf 67 Seiten mehr oder weniger nur Formelkompromisse und Prüfaufträge niedergelegt worden sind. Da steht viel zu wenig Konkretes, viel zu wenig, was in die Umsetzung geht.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Alibiveranstaltung! – [Caren Lay [DIE LINKE]: Ja, das stimmt! Das ist Gelaber!)
Was mir aber wichtig ist: Was schaffen Sie damit, wenn Sie hier Anträge wie „Mietenstopp“ und vieles andere mehr einbringen? Sie schaffen damit doch vor allen Dingen ein investitionsfeindliches Klima.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: So ist es!)
All diejenigen, die Geld für den Neubau, aber auch für die energetische Sanierung in die Hand nehmen wollen, schrecken Sie damit ab. Das wird am Ende nicht funktionieren. Wir müssen einen Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern, von Eigentümern und Mieterinnen und Mietern schaffen. So wie Sie es machen, immer nur eine Gruppe einseitig zu bevorzugen und völlig zu vergessen, dass es auch viele private Kleinvermieter gibt, wird das nichts. Das ist Populismus, das ist Ideologie, und das lehnen wir als Union ab, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Luczak. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Canan Bayram, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547630 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Bundesweiter Mietenstopp, Kündigungsschutz |