Sandra WeeserFDP - Vereinbarte Debatte - 60 Jahre deutsch-französischer Freundschaftsvertrag
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Monsieur l’Ambassadeur! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst unserem neuen Verteidigungsminister, der heute Morgen im Amt vereidigt worden ist, alles Gute wünschen. Herzlichen Glückwunsch, allzeit eine gute Hand für die herausfordernden Arbeiten! Ich bin Ihnen sehr dankbar – das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen –, dass es eine Ihrer ersten Amtshandlungen heute Morgen war, Ihren französischen Amtskollegen anzurufen. Ich glaube, das ist ein sehr starkes Zeichen.
Ich möchte damit direkt zu meiner Rede überleiten. Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun. Wir sind auch verantwortlich für das, was wir nicht tun. Das ist ein Zitat des französischen Dichters Molière, und ich glaube, es ist gerade in der gegenwärtigen Situation sehr, sehr aktuell. Es ist eine Mahnung an unsere Rolle in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, im Verbund mit unseren Freunden und westlichen Partnern angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine zusammenzuhalten. Das möchte ich hier vor dem Hintergrund des 60-jährigen Bestehens des Élysée-Vertrags zwischen Deutschland und Frankreich hervorheben. Wir sind verantwortlich für das, was wir nicht tun.
Damals, 1963, haben beide Länder viel füreinander getan, miteinander gesprochen, gemeinsam gehandelt und diesen Austausch im Élysée-Vertrag verstetigt und auf eine festgeschriebene und besiegelte Grundlage gestellt. Wir als Nation und auch als Gesellschaft sind gefordert, unsere Versprechen der Partnerschaft und Einigkeit zu erneuern. Zögern, Zaudern, Opportunismus müssen der Vergangenheit angehören. Jetzt ist die Zeit, in der Entschlossenheit und Geschlossenheit mit unseren Partnern gefragt sind.
Die Einigkeit Europas ist das Beste, was den Deutschen und Deutschland passieren konnte, und die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland ist das Herzstück. Diese beiden Länder mit den größten Bevölkerungsanteilen und Volkswirtschaften sind gefragt, die Zukunft dieses Kontinentes zu gestalten und die Sicherheit und Stabilität unserer Demokratien zu schützen. Gerade wir Deutsche, aber auch die Franzosen wissen, was für tiefe Wunden Kriegswunden sein können, wie lange es dauert, bis sie verheilen, um sie zu überwinden. Ich sende von diesem Rednerpult heute die Hoffnung aus, dass auch der Tag für die Ukraine und für Russland kommt, an dem es einen Freundschaftsvertrag gibt.
Nach Jahrhunderten von Krieg und Zerstörung hat uns die Einigung Europas starkgemacht. Sie hat Freiheit, Frieden, Wohlstand und auch Chancen für jeden Einzelnen von uns geschaffen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Entscheidend dabei war jener Élysée-Vertrag, den wir diese Woche feiern. Es war die Besiegelung des Austauschs und der Abstimmung, und es war das Anliegen, die heranwachsenden Generationen in stetigen Austausch miteinander zu bringen, damit die Bande für die Zukunft enger und unverwüstlicher zu knüpfen auf der Basis von Achtung, Vertrauen und Freundschaft.
Meine persönliche Biografie ist der Ertrag und der Beweis für das Funktionieren dieses Abkommens. Ich war schon als Schülerin oft in Frankreich – Schüleraustausch –, habe später dann in Toulouse gearbeitet und dort auch meinen Mann kennengelernt. Unsere gemeinsamen Kinder sind das Zeugnis für diese deutsch-französische Beziehung. Ich selbst habe seit 2019 auch die französische Nationalität und Staatsbürgerschaft. Ich bin stolz, eine Deutsch-Französin zu sein, mit allen Rechten und Pflichten und nun auch politisch mit dem Auftrag, als eine solche für die weiteren engen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu sorgen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn ich als Deutsch-Französin auf die 60 Jahre des Vertrags zurückschaue, dann sehe ich eine große Erfolgsgeschichte. Wenn ich dann auf die nächsten 60 Jahre in die Zukunft schaue, dann bin ich froh, dass der Élysée-Vertrag und der Aachener Vertrag die deutsch-französische Freundschaft in die Zukunft tragen und weiter stärken werden.
Wir stehen als deutsch-französisches Tandem wie auch als Europa vor großen Herausforderungen. Wir sehen, dass nationalistische und antieuropäische Kräfte wieder erstarken. Zugleich muss Europa seinen Platz im Wettstreit zwischen den USA und China finden und verteidigen. Das vergangene Jahr hat erneut gezeigt, wie wichtig Souveränität und Geschlossenheit in Europa sind. Wenn gezielt versucht wird, die EU zu schwächen und zu spalten, dann müssen Deutschland und Frankreich umso enger zusammenstehen, gerade jetzt. Dafür setze ich mich in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung mit Feuereifer ein.
Es ist wichtig, dass Deutschland jetzt strategische Fragen für Europa in den Mittelpunkt rückt. Wenn wir ein verlässlicher Partner für unsere –
Bitte kommen Sie zum Schluss.
– europäischen Nachbarn sein wollen, müssen wir dringend unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verringern, offen für pragmatische Lösungen sein, zum Beispiel Atomkraftwerke weiterlaufen lassen, Schiefergas weiter fördern.
Ich habe noch zwei Seiten; ich werde sie überspringen. Ich will aber mit den Worten enden: Vive la France! Vive l’Allemagne! Côte à côte toujours ensemble!
Merci beaucoup.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die Fraktion Die Linke hat das Wort Andrej Hunko.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549992 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 79 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte - 60 Jahre deutsch-französischer Freundschaftsvertrag |