14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Zusatzpunkt 5

Maximilian MordhorstFDP - Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD gibt Anlass, einmal über die Genese dieses ganzen Systems zu sprechen und darüber zu berichten, warum das, was die AfD hier als angeblich unzulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellt, eigentlich gar keine ist.

Auch wir als Freie Demokraten haben uns damit auseinandergesetzt. Der erste Teil war ja, dass man versucht hat, national zu regeln, was in sozialen Netzwerken zulässig sein soll und was nicht, und zwar mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz: NetzDG,

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das war schon die erste Beschränkung der Meinungsfreiheit!)

das wir auch hart kritisiert haben. Uns war wichtig, dass es dort einheitliche Regeln gibt, damit das Internet eben nicht zum rechtsfreien Raum wird,

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Keine Willkür!)

und dass man vor allem nicht ausschließlich die Staatsanwaltschaft mit ihren Mitteln mit der Sache betraut, sondern dass auch die Betreiber sozialer Netzwerke eine Verantwortung dafür haben, dass Hass und Hetze im Internet nicht – vor allem nicht in kriminellem Ausmaß – stattfinden dürfen.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Ich finde, gerade im Sinne der Meinungsfreiheit ist das ein richtiges Anliegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings! – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Deswegen haben wir jetzt das NetzDG abgeschafft. Das wurde ja von Ihnen wenig erwähnt, wahrscheinlich weil es nicht in Ihre Ideologie passt; so viel zum Thema Meinungsfreiheit. Das NetzDG wurde durch den DSA, eine einheitliche europäische Regelung, ersetzt. Und wer jetzt sagt, man müsse den DSA ganz ablehnen, wie Sie das vorschlagen, der öffnet Hasskriminalität und Angriffen im Internet Tür und Tor.

(Jörn König [AfD]: Hasskriminalität ist nicht definiert!)

Das kann auch im Sinne der Meinungsfreiheit nicht sein. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])

Ich möchte dennoch in diesem Rahmen, weil das ja nicht nur für soziale Netzwerke gilt, das ein oder andere zur Meinungsfreiheit insgesamt sagen; denn auch mich treibt das Thema „Meinungsfreiheit in unserer Gesellschaft“ um. Nach Allensbach haben immer weniger Menschen in Deutschland den Eindruck, dass sie ihre Meinung frei sagen können.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, genau wegen solcher Sachen!)

Ich finde, unabhängig von der Parteifarbe muss uns das alle besorgen und bewegen. Wir müssen daran arbeiten, dass Menschen wieder mehr das Gefühl haben, ihre Meinung frei äußern zu können.

Das ist übrigens kein Phänomen, das allein von links oder von rechts kommt. Wir kennen das insbesondere aus der an amerikanischen Unis entstandenen sogenannten Cancel Culture, mit der versucht wird, Meinungen, die unliebsam sind, die vielleicht nicht so studentisch sind, die nicht aus solch einem Umfeld kommen, kleinzureden. Das beobachte ich mit großer Sorge.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie koalieren mit denen, die Cancel Culture praktizieren!)

Wer aber das anspricht, der muss gleichzeitig auch die rechten Versuche, die Meinungsfreiheit einzuschränken, ansprechen. Denn das Wunderbare bei Ihnen ist ja, dass Ihnen Meinungsfreiheit nur so lange gefällt, wie sie in Ihren Korridor passt.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das!)

Meinungsfreiheit bedeutet eben nicht, dass man keinen Widerspruch ertragen muss, wenn man eine Meinung äußert. Nein, genau das Gegenteil ist der Fall: Eine Meinungsfreiheit, die nur dann gilt, wenn uns die Dinge gefallen, die gesagt werden, ist nämlich keine. Und das mimosenhafte Auftreten, das Sie in Onlinemedien, aber auch hier im Deutschen Bundestag an den Tag legen, zeigt: Ihnen passt die Meinungsfreiheit nur in den Kram, wenn sie in Ihrem Sinne ist, und bei Widerspruch verstecken Sie sich ganz schnell auf den Bäumen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörn König [AfD]: Das ist eine reine Unterstellung!)

Deswegen sollten wir dafür arbeiten, dass Meinungsfreiheit wehrhaft ist. Meinungsfreiheit darf nicht unendlich sein, nicht so weit gehen, dass diejenigen, die sie abschaffen und bekämpfen wollen, sie nutzen können.

(Zuruf des Abg. Tobias Matthias Peterka [AfD])

Vielmehr brauchen wir eine Meinungsfreiheit, die unliebsame Meinungen aushält, toleriert und gleichzeitig dafür eintritt, dass diejenigen, die sie bekämpfen wollen, die Härte des Rechtsstaats zu spüren bekommen. Auch wenn uns nicht alles an diesem Digital Services Act gefällt, nimmt er sich in Abwägung doch vieles von dem, was ich angesprochen habe, vor, und deswegen unterstützen wir diesen Digital Services Act. Aber wir unterstützen nicht diejenigen, die die Meinungsfreiheit nur nutzen, um sie zu bekämpfen.

Insofern: Einen schönen Abend und Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Mordhorst. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Susanne Hierl, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605272
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta