Nils SchmidSPD - 5. Jahrestag des Vertrages von Aachen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fünf Jahre Aachener Vertrag haben deutlich gemacht, dass es mehr denn je auf die deutsch-französische Freundschaft, auf den berühmten Motor dieser Freundschaft ankommt, um in Europa Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Ich bin dankbar, dass wir jetzt gemeinsam Bilanz ziehen können. Ich bin auch Andreas Jung dankbar, dass er daran erinnert hat, was die zwei großen Fortschritte des Aachener Vertrages im Vergleich zum Élysée-Vertrag waren:
Erstens haben die beiden Regierungen anerkannt, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit entschieden in den Dienst der europäischen Einigung gestellt werden muss. Keine deutsch-französische Zusammenarbeit kann die europäische Integration ausblenden.
Das Zweite ist: Wir haben es mit dem Parlamentsabkommen geschafft, die parlamentarische Dimension dieser Zusammenarbeit, die auf die Regierungen beschränkt war, zu stärken. Das war in der Tat ein Verdienst von Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsident.
Es ist für uns Verpflichtung, dieses Parlamentsabkommen mit Leben zu füllen: durch die Arbeit in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung, aber auch – so ist es uns auch aufgegeben – durch eine enge Abstimmung der Fachausschüsse. Da sind Sie alle, sind wir alle als Abgeordnete in jedem einzelnen Ausschuss gefordert, dies nach der Pause aufgrund der Pandemie und nach der Umbesetzung aufgrund der Parlamentswahlen in beiden Ländern aktiv voranzutreiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Auch in der Sache waren die letzten fünf Jahre ausgesprochen positiv. Wir haben ein starkes gemeinsames Signal von Macron und Scholz bei der Frage des EU-Beitritts der Ukraine durch die gemeinsame Reise nach Kiew gesehen. Der Impuls von Kanzler Scholz, die Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten durch eine Neuauflage des Berlin-Prozesses voranzutreiben, wurde von Frankreich, von Macron deutlich stärker aufgenommen als in den Vorjahren. Man sieht das auch bei den Fortschritten der EU-Politik gegenüber Kosovo.
Wir haben gesehen, dass die Verteidigungsprojekte, wo es natürlich ein bisschen rüttelt und schüttelt, wenn wir Industrieinteressen aufeinander abstimmen müssen, von Lecornu und Pistorius entschieden vorangetrieben worden sind. Selbst bei so schwierigen Themen wie der Energiepolitik oder der Reform des Stabilitätspakts haben wir gesehen: Die deutsch-französische Achse ist belastbar und bringt gute Ergebnisse für ganz Europa, für Deutschland und Frankreich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])
Natürlich sind wir bei den Mühen der Ebene angekommen. Das, was vor fünf Jahren – natürlich mit viel Glanz und Gloria – verabschiedet worden ist, muss jetzt im Alltag ausgefüllt werden. Die Projektliste des Aachener Vertrages ist lang. Wir sehen Fortschritte bei den Kulturinstituten, die gemeinsam errichtet worden sind. Bei den Verkehrsprojekten ist es naturgemäß zäher; das hat mit Planungs- und Finanzierungsfragen zu tun. Aber unterm Strich haben die letzten fünf Jahre bewiesen, dass es bei ganz großen Fragen eine bisher nie dagewesene Annäherung der deutschen und der französischen Politik gegeben hat. Das hat zum Teil schon vor dem formalen Abschluss des Vertrages, aber auch schon in Vorbereitung des Vertrages begonnen.
Nehmen wir die europäische Industriepolitik: jahrzehntelang ein Tabu für die deutsche Politik, inzwischen parteiübergreifend umgesetzt – der stärkste Fürsprecher war Wirtschaftsminister Altmaier – mit der Förderung der europäischen Batterieproduktion und dem Aufbruch in neue Felder wie die künstliche Intelligenz. Ähnliches beim Green Deal: Zum ersten Mal wurde eine gemeinschaftliche Schuldenaufnahme vereinbart,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Toll! – Dr. Harald Weyel [AfD]: Hurra!)
auch hier im Deutschen Bundestag breit getragen, für ein spezifisches europäisches Projekt, nämlich das Wiederanwerfen der Wirtschaft und die Klimaorientierung der europäischen Wirtschaft.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Hat nicht funktioniert! Wir sind in der Rezession!)
All das zeigt an: Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist der Treiber der europäischen Integration.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Der Treiber des europäischen Abstiegs!)
Wir haben gesehen, dass unsere Länder bei zahlreichen Themen einen entscheidenden Impuls gesetzt haben. Ich wünsche mir, dass das weitergeht, zum Beispiel bei der Frage der Unterstützung der Ukraine in diesem Jahr.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Andreas Jung [CDU/CSU] und Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP] – Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Wir haben einen Sondergipfel im Februar, auf dem zentral die Finanzierung der militärischen Unterstützung der Ukraine behandelt werden soll. Da wird es entscheidend auf Deutschland und Frankreich ankommen, darauf, dass wir diese Finanzmittel im europäischen Kontext verankern. Es wird entscheidend darauf ankommen, die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck wiederzubeleben. Auch dort erhoffe ich mir für dieses Jahr neue Impulse.
Also, unterm Strich: Die ersten fünf Jahre waren ganz gut.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Die nächsten fünf Jahre müssen mindestens genauso gut werden und können in manchen Punkten noch besser werden.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Besser muss es werden!)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Schmid. – Als nächster Redner das Wort der Kollege Dr. Harald Weyel, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605585 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | 5. Jahrestag des Vertrages von Aachen |