Maik AußendorfDIE GRÜNEN - Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich machen steigende Insolvenzzahlen nachdenklich. Aber anders als Sie, liebe Union, lieber Herr Spahn, ist das kein Anlass zu dramatisieren und zum Schwarzmalen.
(Tilman Kuban [CDU/CSU]: Erzählen Sie das einmal den VW-Mitarbeitern und denen bei thyssenkrupp!)
Sie haben hier von der Objektivität der Wirklichkeit gesprochen. Das heißt, wir müssen noch einmal schauen, was denn noch zur Analyse gehört.
Wir sind jetzt im Jahr drei der russischen Invasion in der Ukraine mit dem nachfolgenden fossilen Energiepreis-Schock, der allein zurückzuführen ist auf die Abhängigkeit von russischem Gas, die Sie uns eingebrockt haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Damit haben wir aufgehört. Robert Habeck hat das gelöst. Lassen Sie uns jetzt noch einen Schritt zurückgehen. Zum Ende der Merkel-Zeit, im Oktober 2021, lag der Industriestrompreis bei 21 Cent. Heute liegt er bei 18 Cent. Das ist das Ergebnis der Arbeit dieses Energieministers.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Rot-grünes Projekt Nord Stream 1!)
Lassen Sie uns auf die Insolvenzzahlen schauen, das scheint Ihnen ja besonders am Herzen zu liegen. Wir sind jetzt im Jahr vier nach Corona. Sie wissen, dass während der Coronazeit Insolvenzen aufgehalten wurden. Wir haben also jetzt einen Nachholeffekt. Das ist ganz normal. Wenn wir aber mal ein bisschen genauer auf die Zahlen gucken, stellen wir fest, dass heute die Insolvenzzahlen deutlich unter dem Niveau von vor dem Coronazeitraum sind. Und in jedem einzelnen Jahr der Merkel-Regierungszeit, selbst wenn wir Corona mal ausnehmen, waren die Insolvenzzahlen höher.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir hatten Wachstum!)
Die Rekordzahlen bei den Insolvenzen wurden unter den Wirtschaftsministern namens Guttenberg, CSU, und Brüderle, FDP, erreicht. Heute sind sie deutlich drunter. Wenn man diese Zahlen zum Maßstab nimmt, dann war Robert Habeck der erfolgreichste Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland in den letzten 20 Jahren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Großer Beifall bei der SPD! – Gegenruf des Abg. Dr. Johannes Fechner [SPD]: Sie wollten ihn doch als Wirtschaftsminister, Herr Merz!)
Und Insolvenzzahlen sind ja das eine; das hat Herr Kollege Wiener richtig gesagt. Aber hinter jedem Einzelfall stehen Schicksale. Ich bin selber Unternehmer und kann mir sehr gut vorstellen, was das bedeutet. Aber es gibt ja auch noch Gründungen. Und wenn wir jetzt mal auf den Nettoeffekt gucken – Gründungen versus Geschäftsaufgaben –, sind wir heute im positiven Saldo. Das war in der Merkel-Zeit anders. Wir haben hier geliefert. Es gibt positive Entwicklungen, die Sie unter den Tisch fallen lassen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie reden sich die Welt aber schön! – Tilman Kuban [CDU/CSU]: Und keiner hat’s gemerkt!)
DAX auf Rekordniveau, Unternehmensgewinne auf Rekordniveau: Das zeigt doch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Maßstab. Das Exportvolumen ist im Vergleich zu 2021, seit dem Ende der Merkel-Zeit, um 20 Prozent gestiegen. Das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Alles gut! – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])
Die Inflationsrate lag zum Ende der Merkel-Zeit bei 4 Prozent, wir haben sie halbiert auf 2 Prozent. Die Reallöhne steigen. Das alles verschweigen Sie. Das sind Erfolgszahlen dieser Bundesregierung.
(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Weil die Inflation zurückgegangen ist! – Abg. Tilmann Kuban [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Und was will die Union jetzt machen? Sie will mit ihrem Antrag zurück in die 90er-Jahre. – Frau Präsidentin, ich würde die Frage annehmen.
Ich habe es gerade gesehen. Ich wollte nur gucken, ob der Kollege später nicht noch spricht. Dann hätte ich die Frage nicht zugelassen. – Also, lieber Tilman Kuban, du darfst.
Frau Präsidentin, vielen herzlichen Dank. – Herr Kollege Außendorf, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage. Wussten Sie, dass Nord Stream 1 ein Projekt der rot-grünen Bundesregierung und des damaligen Ministers Jürgen Trittin gewesen ist?
Und die zweite Frage. Wussten Sie, dass die DAX-Unternehmen, von deren Rekordgewinnen Sie gerade gesprochen haben, 75 Prozent ihrer Gewinne im Ausland machen?
Punkt eins. Nord Stream 1 wurde in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung gestartet. Das heißt aber nicht, dass wir das richtig fanden.
(Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Die „heute-show“!)
Und man muss auch sagen: Es gab noch ein weiteres Projekt in der Merkel-Zeit, nämlich von Skandinavien nach Deutschland eine Gasleitung zu bauen. Das haben Sie verhindert, und das hätte uns heute geholfen, die Abhängigkeit zu reduzieren.
Der zweite Punkt. Ja, da haben Sie recht. Ein Großteil des Gewinns wird im Ausland erwirtschaftet. Aber das ist doch gerade ein Zeichen des Exportmodells, des Erfolgsmodells der deutschen Wirtschaft.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, ja! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Deswegen sind wir die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, Herr Kuban. Das sollten Sie doch mal zur Kenntnis nehmen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Meine Güte! Meine Güte!)
Statt auf dem aufzubauen, wie wir das gerne machen würden, stellen Sie einen Antrag, der zurück in die 90er-Jahre führt. Sie wollen das Lieferkettengesetz aufheben. Die Menschenrechte sind Ihnen völlig egal. Auch die Firmen, die sich jetzt darauf eingestellt haben, sauber zu wirtschaften, sind Ihnen völlig egal. Die wollen Sie in die Pleite führen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie wissen, dass das falsch ist!)
Es geht noch weiter. Auf der einen Seite kritisieren Sie das Bürgergeld, das Sie hier mitbeschlossen haben. Auf der anderen Seite fordern Sie ein besseres Lohnabstandsniveau. Sie müssen sich mal entscheiden, was Sie wollen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir doch!)
Das Bürgergeld ist wichtig und auch der Mindestlohn. Es gibt einen Abstand und damit den Anreiz, zu arbeiten. Richtig ist, dass wir an der Teilzeitfalle arbeiten müssen; denn damit schaffen wir einen Zuwachs bei den Fachkräften. Daran arbeiten wir. Und schade, dass wir keinen Haushalt haben –
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Daran sind wir ausnahmsweise nicht schuld!)
Frau Beck hat das schon gesagt –, denn dann würden wir auf diesem Weg auch vorankommen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir jetzt aber noch einmal auf den internationalen OECD-Vergleich gucken, sehen wir, dass wir Primus bei der Schuldenquote sind. Das ist super. Wir sind aber, und das ist richtig, Schlusslicht bei den Investitionen und beim Wachstum. Das hängt zusammen.
(Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])
Deswegen müssen wir die Schuldenbremse weiterentwickeln, die Investitionen ermöglicht; denn aktuell ist sie eine Investitions- und eine Wachstumsbremse.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])
Und die Schulden, die Sie gemacht haben, die aber nicht im Haushalt stehen, zeigen sich bei maroden Brücken, kaputten Schulen und einer Bahn, die nicht fährt. Diesen Schulden werden wir mit Investitionen in die Zukunft begegnen. Aber dafür brauchen wir Ihre Hilfe; denn die Schuldenbremse müssen wir weiterentwickeln, um Investitionen zu ermöglichen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das können Sie vergessen! Das war der Beitrag für die „heute-show“! – Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])
Gerald Ullrich für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen |